Bundesrat vor der Entscheidung über Teilfreigabe von Cannabis

Nach dem Bundestag entscheidet der Bundesrat über das Cannabis-Gesetz – er kann es durchwinken oder aufhalten. Die Entkriminalisierung der Droge beschäftigt Bund und Länder seit Monaten.

Dem Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zufolge soll Erwachsenen der Besitz von 25 Gramm Cannabis künftig erlaubt sein
Dem Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zufolge soll Erwachsenen der Besitz von 25 Gramm Cannabis künftig erlaubt seinImago / Pacific Press Agency

Einen Tag vor der Entscheidung ist weiter offen, ob das Cannabis-Gesetz der Ampel-Koalition an diesem Freitag den Bundesrat passieren wird. Die Länderkammer könnte den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen und damit die zum 1. April geplante Teilfreigabe verzögern. Ablehnen kann sie das Gesetz nicht. Aus Ländern und Kommunen kommt weiter Kritik an der Reform.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat eine Protokollerklärung vorgelegt, in der er einige Schritte auf die Länder zugeht. An der von allen Ländern besonders kritisierten Amnestieregelung hält er aber fest. Dem Cannabis-Gesetz zufolge, das der Bundestag mit den Stimmen der Koalition im Februar verabschiedet hat, müssen die Justizbehörden der Länder frühere Urteile nach dem Betäubungsmittelgesetz daraufhin überprüfen, ob sie nach neuem Recht aufgehoben werden müssen.

Verschiebung des Inkrafttretens der Reform?

Die Länder-Justizminister warnen vor einer Überlastung ihrer Behörden, da Zehntausende Fälle einzeln geprüft werden müssen. Auch grün- und SPD- geführte Länder wie etwa Baden-Württemberg halten daher eine Verschiebung des Inkrafttretens der Reform für sinnvoll. Unionsregierte Länder wie Bayern und Sachsen lehnen die Entkriminalisierung von Cannabis komplett ab und haben damit gedroht, ein mögliches Vermittlungsverfahren für eine Blockade des Gesetzes zu nutzen. Bayern will im Bundesrat darüber abstimmen lassen, den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel anzurufen, das Gesetz aufzuheben.

Dem Cannabis-Gesetz zufolge sollen Erwachsene über 18 Jahren künftig Cannabis in begrenzten Mengen legal konsumieren, besitzen und anbauen dürfen. Unterwegs sind 25 Gramm, zu Hause 50 Gramm erlaubt. Ein Ziel des Gesetzes ist, den Schwarzmarkt zurückzudrängen. Von Juli an sollen Anbau-Vereine gegründet werden können. Die Mitglieder können dann dort ihr Cannabis beziehen. Lauterbach sichert den Ländern in der Protokollerklärung noch Änderungen zu, die weniger Vorgaben bei den Kontrollen vorsehen und eine Kommerzialisierung der Vereine verhindern sollen.

Warnungen von Medizinern, aus der Polizei und der Justiz

Die Kritik der Länder geht aber weiter. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) warf Lauterbach vor, die eindringlichen Warnungen von Medizinern, aus der Polizei und der Justiz zu ignorieren. Er sagte der Düsseldorfer Rheinischen Post: „Ich halte das Cannabis-Gesetz nach wie vor für einen schweren Fehler.“ Das Risiko cannabisbedingter Hirnschädigungen bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen sei belegt. Anstatt die Risiken ernst zu nehmen, wolle Lauterbach das Gesetz mit der Brechstange durchsetzen.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sieht die Grünen in der Verantwortung, eine mögliche Verzögerung im Bundesrat zu verhindern. Sie seien an elf Landesregierungen beteiligt, sagte er der „Rheinischen Post“ und müssten ihre Landesregierungen zumindest zu einer Enthaltung bewegen.

Überlastung der Kommunen befürchtet

Der Deutsche Landkreistag und der Städtetag warnen vor einer Überlastung der Kommunen. Der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe (CDU), sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Wir werden die komplexen Regeln des Cannabis-Gesetzes nicht intensiv und schon gar nicht flächendeckend kontrollieren können.“

Kommt es am Freitag im Bundesrat nicht zu einer Anrufung des Vermittlungsausschusses, kann das Gesetz zum 1. April wirksam werden. Die Entkriminalisierung von Cannabis gehört zu den größeren Vorhaben der Ampel-Koalition. SPD, Grüne und FDP halten die bisherige Verbotspolitik für gescheitert. Mit dem Gesetz sollen auch die Prävention und die Aufklärung von Jugendlichen über die Gefahren des Konsums für Heranwachsende verstärkt werden.