Wie können wir Kulturdenkmäler vor dem Klimawandel schützen?

Beim Hochwasser in Niedersachsen stand auch Kulturdenkmälern das Wasser bis zum Hals. In Hannover haben Fachleute über Notfallpläne für Deutschland diskutiert. Ein paar gute Beispiele gibt es schon.

Droht Hochwasser, kann die Kirche leer geräumt werden wie hier in Hitzacker. Eigentlich aber bedarf es viel mehr, um Kulturgüter dauerhaft vor den Folgen des Klimawandels zu schützen.
Droht Hochwasser, kann die Kirche leer geräumt werden wie hier in Hitzacker. Eigentlich aber bedarf es viel mehr, um Kulturgüter dauerhaft vor den Folgen des Klimawandels zu schützen.epd-bild / Patrick Piel

Das Hochwasser im Norden hat vor kulturellen Schätzen nicht Halt gemacht. Das Schloss Schönebeck in Bremen-Vegesack wurde überflutet und für den Publikumsverkehr gesperrt. Ein ehemaliger Grenzturm bei Bleckede an der Elbe steht unter Wasser.

„Die konkreten Schäden werden sich erst in ein paar Wochen zeigen, wenn sich das Wasser zurückzieht und wir Meldungen von den unteren Denkmalschutzbehörden bekommen“, sagt Niels Juister, der Abteilungsleiter Baudenkmalpflege beim niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege.

Expertin: „Es fehlen Strategien zum Thema Kulturerbe und Klimawandel“

Fachleute befürchten: Viele Museen, Archive und Bibliotheken sind nicht auf mehrere Tage schweren Regen eingestellt. „Es fehlen in Deutschland Strategien zum Thema Kulturerbe und Klimawandel“, kritisiert Johanna Leissner vom Fraunhofer-Büro Brüssel. Sie vertritt Deutschland im EU-Projekt „Stärkung der Resilienz des Kulturerbes gegen den Klimawandel“. Lessner diskutierte mit Fachleuten in der vergangenen Woche zum Thema „Kulturgut in Gefahr“ auf einer Veranstaltung der Volkswagenstiftung in Hannover.

„Wir machen viel, doch andere Aufgaben wie Sicherheitsfragen in Museen sind teilweise drängender“, sagt Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemälde­sammlung. Als 2013 das Hochwasser in Sachsen große Schäden anrichtete, war er stellvertretender Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. „Wir haben damals die unterirdischen Depots nach oben verlegt“, sagt Maaz.

Starkregen ist für ihn nur eine klimabedingte Gefahr unter vielen für wertvolle Kulturgüter: „Ganz neue Schädlinge werden eingeschleppt. Die ständig zunehmende Hitze im Sommer ist eine große Belastung, zumal Kühlmittel extrem schädlich sind.“

Bayern gründet nach Flut im Ahrtal Notfallverbund

Mit den Erfahrungen des Hochwassers in Niedersachsen lohnt sich auch der Blick nach Bayern. Dort wurde nach der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 in Rheinland-Pfalz und Teilen von Nordrhein-Westfalen ein Notfallverbund gegründet, in dem seither Museen, Bibliotheken und Archive zum Schutz ihrer Sammlungen zusammenarbeiten.

Das Ahrtal erinnert an die Opfer der Flut (Archivbild)
Das Ahrtal erinnert an die Opfer der Flut (Archivbild)Imago / Markus Matzel

Bundesweit gibt es inzwischen 60 solche Zusammenschlüsse, in denen es unter anderem darum geht, Ablaufpläne für den Notfall zu erarbeiten oder Material zur Sicherung von wertvollem Inventar anzuschaffen. „Bislang wird meist noch über die richtigen Maßnahmen diskutiert, ohne sie umzusetzen“, kritisiert Leissner. Oft reagiere man erst aus aktuellem Anlass.

Forschungsinstitut: „Wir können nicht alle Denkmäler retten“

Zu den wenigen positiven Beispielen zählt Leissner auch zwei Sakralgebäude: Bei der Frauenberg-Kapelle Sufferloh im Voralpenland wurde nach Analyse der möglichen Gefahren ein feuchte­resistenter Außenputz aufgebracht, um die Außenmauern vor Schlagregen und Durchfeuchtung zu schützen. Am Kölner Dom werden seit knapp einem Jahr der Niederschlag, die Feuchtigkeit, die Temperatur und der Wind gemessen und an Modellen die Folgen zu großer Belastung simuliert, um rechtzeitig reagieren zu können.

„Wir können nicht alle Denkmäler retten. Das Material zersetzt sich, auch unabhängig vom Klimawandel“, betont Teresa Erbach, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Potsdamer Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit, und fügt hinzu: „Wir müssen uns fragen, was uns wie wichtig ist.“ Als Beispiel nennt sie einen gefährdeten historischen Leuchtturm in England. Der wird auf begrenzte Zeit mit wenigen Mitteln gesichert, aber nicht auf Dauer erhalten. „Dabei wird der Verfall für die Nachwelt dokumentiert.“

Olaf Mußmann leitet verschiedene Museen und hat selber ein denkmalgeschütztes Haus in Clausthal-Zellerfeld. Dort stehen viele Gebäude unter Denkmalschutz, doch sie sind unbewohnt, berichtet Mußmann. „Es fehlt oft an der Sensibilisierung für den Erhalt kultureller Schätze.“