Kirchenfinanzen in Westfalen: Katastrophe mit Ansage

Die Kirche von Westfalen will heftige Kürzungen beschließen. Nur wo? Jahrelang hat sich die Kirche um solche Diskussionen gedrückt, kritisiert Gerd-Matthias Hoeffchen. Ein Kommentar.

Die Kirche in Westfalen muss sparen
Die Kirche in Westfalen muss sparenNattanan Kanchanaprat / Pixabay

Finanz-Schock in Westfalen: Massive, noch nie da gewesene Kürzungen soll die Synode der Evangelischen Kirche von Westfalen auf dringende Bitte der Kirchenleitung beschließen. Das lässt ahnen, wie tiefgreifend Sparzwänge die evangelische Kirche verändern werden. Auch in anderen Landeskirchen. Es droht die Aufgabe ganzer Arbeitsbereiche. Und damit verbunden ein Hauen und Stechen um die Frage: Wie soll die Kirche von morgen aussehen?

Was klar scheint: Es gibt keine Alternative zu den drastischen Einschnitten. Umso wichtiger ist es, die Veränderungen gut zu begleiten, Entscheidungen nicht in Geheimzirkeln zu treffen und die Betroffenen mit einzubinden. Sonst drohen Verwerfungen.

Finanzkraft der Kirchen schwindet seit Jahren

Es ist eine Katastrophe mit Ansage. Seit Jahren warnen die Experten vor schwindender Finanzkraft der Kirchen. Allgemeine Kürzungen, im Jargon „Rasenmäher“, würden irgendwann nicht mehr ausreichen. Man müsse sich verständigen, welche Arbeitsbereiche die Kirche aufgeben wolle – und welche nicht. Nur so sei das Überleben der Institution „Kirche“ zu sichern.

Es gab Versuche. Die aber versandeten. Passiert ist seitdem in diesem Bereich – fast nichts.

Das ist einerseits nachvollziehbar. PRIORITÄTEN setzen, das heißt: bestimmen, welche Aufgaben für die Kirche wesentlich und unverzichtbar sind, was die Kirche zur Kirche macht – da wird jeder und jede klare Vorstellungen haben. Aber: Die werden sehr unterschiedlich aussehen.

Noch drastischer wird es, wenn es um die POSTERIORITÄTEN geht, also um die Frage, was aufgegeben werden könnte, um die anderen Aufgaben zu finanzieren. Schulen? Studierendenarbeit? Mission und Ökumene? Genderarbeit? Tagungshäuser?

Niemand will Streit, nicht in einer Kirche

Um diese Diskussion haben sich die Kirchen weitgehend herum gedrückt. Niemand will Streit. Nicht in einer Kirche, der die Forum-Studie erst kürzlich ein starkes Bedürfnis nach Harmonie bescheinigte.

Nur: Diese Verzögerungstaktik hat dazu geführt, dass jetzt die notwendigen Entscheidungen Knall auf Fall beschlossen werden müssen, zunächst im Bereich von Landeskirche und ihren Ämtern und Werken. Später auch für weitere Bereiche. Wie soll Kirche morgen aussehen – worüber in vielen Jahren nicht gestritten wurde, soll jetzt in zwei Tagen Synode entschieden werden.

Streitet, solange noch Zeit ist!

In Westfalen mag die Finanzsituation verschärft sein (zu geringe Rücklagenbildung, Umstellung in der Buchführung, Anschaffung eines desaströsen IT-Systems; Millionen für die Rückkehr zur Anhebung der Pfarrgehälter ab 2025). Grundsätzlich und für alle Kirchen aber gilt: Streitet über die zukünftige Gestalt der Kirche! Auch wenn das Heulen und Zähneklappern bedeutet. Streitet, solange noch Zeit dafür ist.

Schmerzhafte Einschnitte sind notwendig. Entscheidend für die Akzeptanz wird der Ton sein, in dem sie vermittelt werden. Jetzt frohgemut von Freude an Gestaltung und Lust auf Zukunft zu reden, hilft vielleicht bei der Selbst-Motivation. Wird aber nicht gut ankommen bei Menschen, die um ihren Arbeitsplatz bangen; besonders, wenn sie nicht verbeamtet sind. Man stelle sich einen Pfarrer vor, der am Grab steht und mit rosigen Wangen den Hinterbliebenen vom Himmel vorschwärmt – sicherlich gut gemeint und inhaltlich auch irgendwie richtig. Ein bisschen Einfühlungsvermögen gegenüber den Trauernden wäre aber trotzdem angebracht.

Denn auch das wird am Ende eine Aufgabe bei der notwendigen Umgestaltung der Kirche sein: Ängsten und der Trauer begegnen; sie aushalten. Und seelsorgerlich begleiten.