Sachverständigenrat: Bei EU-Asylkompromiss Menschenrechte wahren

Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) hat Bedenken am EU-Asylkompromiss geäußert. In einer am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Stellungnahme mahnte das von Stiftungen getragene unabhängige Expertengremium, bei dem Reformvorhaben menschen- und asylrechtliche Standards zu wahren.

Der EU-Rat hatte sich am 8. Juni vorerst auf eine Reform der europäischen Asyl- und Migrationsregelungen geeinigt. Nun versuchen die Mitgliedstaaten und das Europaparlament im Beisein der EU-Kommission, ihre jeweiligen Positionen zusammenzubringen. Das Reformvorhaben sieht neue Bestimmungen zu Asylverfahren vor und will das Asyl- und Migrationsmanagement neu regeln.

Der Rat verlangt von der Bundesregierung, bei den Verhandlungen besonders darauf zu achten, dass die vorgesehenen beschleunigten Grenzverfahren rechtssicher ausgestaltet seien und Betroffene jederzeit Zugang zu unabhängiger Verfahrensberatung hätten.

Eine geplante Unterbringung von Asylsuchenden in geschlossenen Einrichtungen an den EU-Außengrenzen birgt nach Ansicht des SVR erhebliche Probleme. So seien aus bisherigen Erfahrungen in Aufnahmeeinrichtungen der Mitgliedstaaten oder Aufnahmelagern an Außengrenzen Einschränkungen der Verfahrensqualität zu befürchten. Dabei verlangt der SVR einen besonderen Schutz verletzlicher Personen.

Ferner fordert er, bei der Abschiebung von Menschen ohne Asylberechtigung in ihre Herkunftsländer oder sogenannte sichere Drittstaaten „unbedingt auf die Einhaltung des Flüchtlingsschutzes zu achten“. Die Sachverständigen mahnen zudem an, dass sich alle EU-Mitgliedstaaten am geplanten Solidaritätsmechanismus beteiligen.

Der SVR betont, dass die EU angesichts der drastisch gestiegenen Ankunftszahlen auf Lampedusa und den wieder deutlich steigenden Asylantragszahlen in Europa Handlungsfähigkeit zeigen müsse. Eine nachhaltige Migrationssteuerung könne nur gemeinsam erfolgen.

Nationale Maßnahmen allein würden etwa aufgrund des offenen Schengen-Raums – in dem es keine Grenzkontrollen gibt – nicht greifen, erläuterte Hans Vorländer, Vorsitzender des SVR. Das gemeinsame Asylsystem habe bei der Etablierung EU-weiter Standards bereits einen wichtigen Beitrag geleistet. Es sei aber fraglich, ob dies auch beim derzeit diskutierten Kompromissvorschlag erreicht werden könne.