Petitionsausschuss will Bundesregierung stärker in die Pflicht nehmen

Der Petitionsausschuss des Bundestags will künftig mehr Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern öffentlich beraten und auch die Bundesregierung bei der Hilfe für Petenten stärker in die Pflicht nehmen. Der Ausschuss stoße gerade die wahrscheinlich größte, umfassendste und weitreichendste Novelle des Petitionsrechts in der Geschichte des Landes an, sagte der Obmann der SPD, Axel Echeverria, am Mittwoch bei der Vorstellung des Jahresberichts des Ausschusses in Berlin. Die Abgeordneten hoffen, damit mehr Menschen zu erreichen und Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik zurückzugewinnen.

Bereits beschlossen hat der Ausschuss laut Echeverria, dass künftig schon bei einer Petition mit 30.000 Mitzeichnenden eine öffentliche Anhörung im Ausschuss stattfinden soll. Bislang liegt dieses Quorum bei 50.000. Zudem soll die Mitzeichnungsfrist von vier auf sechs Wochen verlängert werden. Der FDP-Obmann im Ausschuss, Manfred Todtenhausen, sagte, dies wäre im vergangenen Jahr eine öffentliche Anhörung mehr gewesen. Allerdings beobachtet der Ausschuss auch, dass die Mitzeichnungen insgesamt stark zunehmen, während die Zahl der Petitionen 2023 gesunken ist. Verbunden mit der längeren Mitzeichnungsfrist könnte der Anstieg also größer ausfallen.

Mehrheitlich ist der Ausschuss Echeverria zufolge zudem dafür, dass Petitionen mit mehr als 100.000 Unterstützern im Plenum des Bundestags beraten werden. Dafür müsste die Geschäftsordnung des Bundestags geändert werden, was nicht in der Entscheidungsbefugnis des Petitionsausschusses liegt. Diese Änderung ist allerdings nicht unumstritten. Der zuständige Sprecher der Unionsfraktion, Andreas Mattfeldt (CDU), sagte, man müsse vermeiden, dass etwa Unternehmen auf diese Weise eine Art Werbeblock im Parlament bekämen.

Bei der Bundesregierung will der Ausschuss auf mehr Beachtung drängen. Man sei oft nicht zufrieden mit der Reaktion der Bundesregierung auf die sogenannten höchsten Voten des Ausschusses, sagte Echeverria. Gemeint sind Empfehlungen, die der Ausschuss über alle Parteigrenzen hinweg einstimmig beschließt, und dann dem Abgeordneten zufolge in 90 Prozent der Fälle dennoch von der Regierung abgelehnt werden. Für diese Fälle – rund ein Dutzend sind es im Jahr – will der Ausschuss eine automatische Berichtspflicht einführen. „Wir wollen, dass ein Ministerium, das das Votum nicht umsetzt, sich begründen muss“, erklärte der CDU-Abgeordnete Mattfeldt.

Jeder Bürger und jede Bürgerin kann sich an den Petitionsausschuss des Bundestags wenden, wenn er oder sie sich über Regelungen, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen, beschweren oder Verbesserungen anregen möchte. 2023 gingen dem Jahresbericht zufolge 11.410 Petitionen ein. Das waren knapp 2.000 weniger als im Jahr zuvor (13.242). Die meisten Petitionen betrafen Themen, für die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zuständig ist, gefolgt von Themen des Bundesinnen- und des Bundesjustizministeriums. 2022 hatten wie in den Vorjahren der Corona-Pandemie noch gesundheitspolitische Themen überwogen.

Das Ende der Pandemie vermutet die Grünen-Obfrau im Ausschuss, Corinna Rüffer, als einen Grund für den Rückgang der Petitionen im vergangenen Jahr. Es gebe aber auch eine zweite Überlegung, die sie besorge, sagte sie. Laut Umfragen nehme die Zahl der Bürgerinnen und Bürgern, die daran glauben, dass der Staat echte Lösungen schaffen kann, ab. Wer das glaube, sei wahrscheinlich weniger gewillt, sich an politische Entscheidungsträger zu wenden, sagte Rüffer. Desto wichtiger sei es, Reformen bei den Petitionen anzustreben. Dies sei ein wichtiger Anknüpfungspunkt, um Menschen zu zeigen, dass sie wirksam sein können, sagte Rüffer.