Organspende: Neuer Anlauf für Widerspruchslösung

Um mehr Organspenden zu ermöglichen, debattiert die Politik erneut über die Widerspruchsregelung. Kommt die Regelung in den Bundestag?

In Boxen kommen die Organe in den OP-Saal
In Boxen kommen die Organe in den OP-Saalepdbild / Annette Zöpf

Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) betont, dass die sogenannte Widerspruchslösung bei der Organspende nichts an dem Prinzip der Freiwilligkeit ändern würde. Auch bei der Widerspruchslösung könne jedermann dokumentieren, dass ihm nach dem Tod keine Organe entnommen werden sollen, sagte Laumann im Morgenmagazin des ZDF. Die Entscheidung des einzelnen Menschen sei immer „moralisch in Ordnung, egal ob er sich für oder gegen Organspende entscheidet“.

Doch würden bei der Widerspruchsregelung alle Erwachsenen „auch ein bisschen“ dazu gezwungen, sich zu Lebzeiten mit dieser Frage auseinanderzusetzen. „Und das finde ich, ist zumutbar“, sagte der CDU-Politiker.

Widerspruchsregelung: Alle Menschen als Organspender, wenn…

Acht Bundesländer setzen sich für einen erneuten Anlauf zur Einführung einer Widerspruchsregelung bei der Organspende ein. Ein Anfang Juni im Bundesrat in Berlin erstmals diskutierter Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen sieht vor, dass künftig alle Menschen in Deutschland grundsätzlich als Organspender gelten, wenn sie dem nicht widersprechen.

2020 hatte sich der Bundestag gegen eine solche Regelung entschieden. Möglich ist, dass er sich aber in dieser Wahlperiode noch einmal mit dem Thema befasst. Dazu stellen am Vormittag in Berlin Bundestagsabgeordnete einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag vor.

In Deutschland warteten nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation Ende vergangenen Jahres knapp 8.400 Patientinnen und Patienten auf ein Spenderorgan. Dem standen lediglich 2.900 Organspenden im Jahr 2023 gegenüber.

Stiftung Patientenschutz lehnt Widerspruchslösung ab

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, lehnt die Widerspruchsregelung ab. Grundsätzlich sei jeder medizinische Eingriff ohne Zustimmung des Betroffenen eine Körperverletzung, sagte er der Augsburger Allgemeinen. „Wer schweigt, stimmt nicht automatisch zu.“

In den Ländern Europas, in denen es deutlich mehr Organspender gebe als in Deutschland, hätten erst organisatorische und strukturelle Maßnahmen zu steigenden Organspende-Zahlen geführt, sagte Brysch. „Deshalb braucht es jetzt finanzielle Anreize für Krankenhäuser, ein effizientes Transplantations-Netzwerk, Bildungsprogramme und die Schulung von Koordinatoren im Umgang mit Angehörigen“, sagte der Patientenschützer.

Aktuell gilt die Entscheidungslösung. Danach dürfen Organe und Gewebe nur dann nach dem Tod entnommen werden, wenn die verstorbene Person dem explizit zu Lebzeiten zugestimmt hat oder Angehörige nach deren Tod ihr Einverständnis erklären.