AfD-Verbotsverfahren: Skepsis bei Habeck und Juristin Lübbe-Wolff

Ein Parteienverbot ist in Deutschland schwer möglich. Bundeswirtschaftsminister Habeck und die frühere Verfassungsrichterin Lübbe-Wolff sind skeptisch, ob ein Verbotsantrag gegen die AfD Erfolg hat.

Nach den Worten des Grünen-Politikers „wird immer deutlicher, dass die AfD einen national-identitären Staat schaffen will“
Nach den Worten des Grünen-Politikers „wird immer deutlicher, dass die AfD einen national-identitären Staat schaffen will“Imago / Bernd Elmenthaler

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) äußert sich zurückhaltend zu einem möglichen AfD-Verbotsverfahren. „Die Hürden sind zu Recht sehr hoch, der Schaden durch ein gescheitertes Verbotsverfahren wäre massiv. Daher müsste alles absolut gerichtsfest sein“, sagte Habeck. Die frühere Richterin am Bundesverfassungsgericht, Gertrude Lübbe-Wolff, sieht geringe Chancen für ein AfD-Verbot.

Habeck sagte dem magazin „stern“ in einem online veröffentlichten Interview: „Sollte sicher nachgewiesen sein, dass eine Partei das Land in einen faschistischen Staat verwandeln will, gehört sie verboten, egal, wie stark sie ist. So oder so müssen die demokratischen Parteien die AfD politisch schlagen.“ Nach den Worten des Grünen-Politikers „wird immer deutlicher, dass die AfD einen national-identitären Staat schaffen will“. Sie mache kein Geheimnis aus ihrer Weltanschauung und wolle aus Deutschland einen Staat wie Russland machen.

AfD: gilt in Sachsen als gesichert rechtsextremistisch

Einen Antrag für ein Verbot der AfD müssten Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung stellen. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen stuft der Landesverfassungsschutz die Partei als gesichert rechtsextremistisch ein. In Brandenburg sowie in weiteren Bundesländern wird die AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD ebenfalls als Verdachtsfall ein. Bei den Landtagswahlen im September in Brandenburg, Sachsen, und Thüringen könnte die Partei nach derzeitigem Stand stärkste Kraft werden.

Die frühere Richterin am Bundesverfassungsgericht, Gertrude Lübbe-Wolff, sieht geringe Chancen für ein AfD-Verbot
Die frühere Richterin am Bundesverfassungsgericht, Gertrude Lübbe-Wolff, sieht geringe Chancen für ein AfD-VerbotImago / Stockhoff

Die frühere Verfassungsrichterin Lübbe-Wolff sagte der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“, für ein erfolgreiches Verbotsverfahren brauche man mehr als Äußerungen oder Handlungen von einzelnen Personen, seien die auch noch so abstoßend. „Es kommt auf die Partei als Ganzes an, und da braucht man eine gründliche Materialsammlung“, erklärte Lübbe-Wolff, die an der Universität Bielefeld Staatsrecht lehrt.

Jura-Professorin Lübbe-Wolff rät von Verbotsantrag ab

Selbst wenn die Voraussetzungen vorlägen, rät die Jura-Professorin von einem Verbotsantrag ab. „Dass man die gemäßigten Anhänger mit einem Parteiverbot zurückgewinnt, halte ich für zweifelhaft“, sagte sie. Womöglich zerstöre man gerade damit ihr Vertrauen in Rechtsstaat und Demokratie.

Die Diskussion um ein Parteiverbot war durch die Enthüllung eines Treffens hochrangiger AfD-Politiker mit Rechtsextremen neu entfacht worden. Bei dem Treffen im November in Potsdam war laut dem Recherchenetzwerk „Correctiv“ über die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland diskutiert worden.

Zustimmung zur AfD steigt durch öffentliche Aufregung

Skandale um Rechtsextremismus in der AfD wirken sich nach Einschätzung des Sozialwissenschaftlers Alexander Häusler nicht mehr negativ auf deren potenzielle Wähler aus. Die Zustimmung zu der Partei steige durch die öffentliche Aufregung eher, sagte Häusler dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch die Normalisierung der Wahl rechter Parteien in Europa wirke als Verstärker für die AfD, sagte Häusler mit Blick etwa auf Italien, die Niederlande und Österreich.

Der neue Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), er wolle den direkten Kontakt zu AfD-Politikern meiden, auf deren Wählerinnen und Wähler aber zugehen. „Eine derart radikalisierte Partei ist kein politischer Gesprächspartner für die Diakonie“, sagte Schuch, der seit Jahresbeginn an der Spitze des evangelischen Wohlfahrtverbandes steht. Er wolle aber unterscheiden „zwischen denen, die sich als Parteimitglieder oder Funktionäre immer weiter radikalisieren, und den Menschen, die sich bei einer Wahl für diese Partei entscheiden“, sagte er. Mit den Wählerinnen und Wählern müsse man weiter das Gespräch suchen.