35 Jahre Friedliche Revolution: Initiative hält „die Freiheit hoch“

Mit einer Plakataktion, Diskussionen und Workshops lässt die gemeinnützige Landesgesellschaft „Kulturprojekte Berlin“ die Werte und Forderungen der Friedlichen Revolution wiederaufleben.

In Workshops und aus den Diskussionen heraus entstehen Plakate
In Workshops und aus den Diskussionen heraus entstehen PlakateKulturprojekte Berlin

Mutig gingen 1988/89 Bürgerinnen und Bürger in der DDR auf die ­Straße, forderten ihre Rechte mit Transparenten und Plakaten ein, darunter viele Christinnen und Christen. Ihr Einsatz für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie stürzte die SED-Herrschaft und die Mauer, die freiheitsberaubende innerdeutsche Grenze. 35 Jahre ist das her. Heute bedrohen populistische Parolen und rechtsextremes Denken diese Freiheit erneut. Deshalb muss für die zentralen Forderungen der Friedlichen Revolution wieder demonstriert werden.

Ein Gedanke, den „Kulturprojekte Berlin“ mit ihrer Initiative „Haltet die Freiheit hoch“ zum 35. Jahrestag von „Friedliche Revolution und Mauerfall“ 2024 aufnimmt. Die GmbH ist eine gemeinnützige Landesgesellschaft, die Kultur in Berlin fördert und vernetzt sowie Menschen und Ideen zusammenbringt. „Was bildet das Fundament einer pluralistischen Gesellschaft angesichts aktueller Herausforderungen? Wie können die Werte von 1989/90 heute diskutiert und zum Ausdruck gebracht werden?“ Diese Frage wirft „Kulturprojekte Berlin“ als Impuls für das Projekt 35 Jahre Mauerfall in den Ring und will viele Berlinerinnen und Berliner einladen mitzudiskutieren. Im Ergebnis dieser Auseinandersetzung soll eine Präsentation am 9. November entlang eines zentralen Bereichs des ehemaligen innerstädtischen Mauerverlaufs mit tausenden Meinungsäußerungen entstehen.

Die EKBO als „Premiumpartnerin“

„Kulturprojekte Berlin“ rufen deshalb zusammen mit Partner*innen wie der Stiftung Aufarbeitung, dem Landessportbund, Bildungseinrichtungen oder Kulturschaffenden dazu auf, sich an dem Projekt zu beteiligen. Mit im Boot ist die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz als „Premiumpartnerin“. Die Kirche sei „ein geschätzter Partner, mit dem wir bereits bei den vergangenen Jubiläen erfolgreich zusammengearbeitet haben“, sagt Simone Leimbach, Leiterin der Abteilung Ausstellungen und Veranstaltungen bei „Kulturprojekte Berlin“. Sie habe „eine zentrale Rolle für die Friedliche Revolution in der DDR gespielt, unter anderem als Schutzräume für Oppositionelle“. Viele ­Menschen in der Kirche engagierten sich auch heute für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. „Ihre vielfältigen Perspektiven bereichern die Auseinandersetzung mit dem 35. Jahrestag des Mauerfalls und der Friedlichen Revolution und ihrer Bedeutung für die Gegenwart und Zukunft.“ Die Geschichte der Kirchen in Ost und West nach dem Mauerfall sei „untrennbar mit der Stadtgeschichte verbunden“.

Eine computergenerierte Darstellung des Vorhabens: Am 9. November sollen am ehemaligen Mauerverlauf in Berlin Schilder mit Plakaten aufgestellt werden
Eine computergenerierte Darstellung des Vorhabens: Am 9. November sollen am ehemaligen Mauerverlauf in Berlin Schilder mit Plakaten aufgestellt werdenKulturprojekte Berlin

Wie schon bei der Lichtgrenze 2014, als mehrere tausend Gemeindeglieder mit leuchtenden Ballons auf dem ehemaligen Mauerverlauf standen und sie symbolisch für die Maueröffnung in den Abendhimmel steigen ließen, ist die Kirche auch 2024 eingeladen, dabei zu sein. Kirchen­gemeinden, aber auch diakonische oder Kultureinrichtungen, Sportvereine, Schulen, Verbände und Unternehmen können sich zu Workshops anmelden oder selbst Diskussionen initiieren und sich darin mit der Bedeutung der Werte von 1989/90 für die heutige Gesellschaft auseinandersetzen.

Aus den Debatten sollen Schilder, Plakate und Transparente entstehen, die bis Ende September eingereicht und am 9. November entlang der ehemaligen Mauer aufgestellt werden. Besondere Stationen sind die Gedenkstätte Berliner Mauer, das Brandenburger Tor und der ehemalige Checkpoint Charlie. Alle Beiträge und Namen der Beteiligten werden außerdem in einem Fotobuch veröffentlicht. Wer dazu ein Plakat beisteuert, erhält als Erinnerung ein Exemplar des Fotobuchs. Die Plakate dafür sollen bis Ende September eingereicht sein. Sportlich, zumal gerade erst viele aus der Sommerpause zurückkehren und die Schule erst am 2. September beginnt.

Nicht nur ein Blick zurück

Martin Vogel, Länderbeauftragter der EKBO, und seine Mitarbeiterin Christine Stier legen sich mächtig ins Zeug dafür, Kirchengemeinden, Einrichtungen und Partner aus ihren Netzwerken zu gewinnen. „Freiheit und Friedliche Revolution gehören zur DNA von Kirche“, sagt Martin Vogel. Deshalb gefällt ihm das von „Kulturprojekte Berlin“ gewählte Motto „Haltet die Freiheit hoch“ besonders. „Es zeigt, hier geht es nicht nur darum, zum Jubiläum des Mauersturzes in einen historischen Rückspiegel zu schauen, sondern in unsere Welt heute.“ Wenn beispielsweise am 4. November in den USA Donald Trump zum Präsidenten gewählt werden würde, wäre es toll, meint er, „wenn aus Berlin mit den Stimmen auf dem Freiheitsband ein starkes selbstbewusstes Freiheitssignal kommt. Und auch Richtung Osteuropa ist ein Leuchtfeuer der Freiheit hilfreich“.

Gute Ideen gibt es bereits. Das Diakonissenhaus Berlin-Teltow-Lehnin macht mit. Teltow lag bis 1989 direkt an der Mauer. Schulkassen im Religionsunterricht werden sich damit beschäftigen, was 1989 geschah und wofür es sich heute lohnt einzusetzen. Eine Idee ist gerade noch im Werden: einen Workshop in der Versöhnungskapelle auf dem ehemaligen Mauerstreifen in Berlin-Mitte anzubieten, bei dem Plakate von Besuchenden gemalt werden können. „Wir sind da noch in einem Abstimmungsprozess“, sagt Martin Vogel.

In den Werkstatträumen von „Kulturprojekte Berlin“ in der Mendelssohnstraße 27 in Berlin-Mitte kann man jetzt schon malen und sprayen, verrät Christine Stier. „Kommen Sie doch einfach mal vorbei!“ Gruppen von 10 bis 20 Leuten können sich dort über Christine Stier oder ein Online-Buchungsportal anmelden und mit Pinsel und Spraydose Schilder gestalten. Im Spionagemuseum am Leipziger Platz in Berlin-Mitte können Einzelpersonen künstlerisch tätig werden.

Materialien werden zur Verfügung gestellt

Die Theologiestudentin Christine Stier arbeitet im Team des Länderbeauftragten der EKBO und koordiniert das Projekt „35 Jahre Mauerfall“. Sie ist Ansprechpartnerin für alle aus der Kirche, die mitmachen wollen. Sie vermittelt Kontakte, Termine und was sonst noch benötigt wird. Über eine Agentur, die mit „Kulturprojekte Berlin“ zusam­menar­beitet, bekommen Schulen oder Kirchengemeinden Materialien für ein Plakat wie Schilder, Stifte, Farben, Spraydosen, Papprollen zum Versenden und hilfreiche Gebrauchsanweisungen.

Die Agentur bringt das Material und holt es auch ab. Für größere Gruppen oder besondere Anlässe organisiert die Agentur mobile Workshops vor Ort, wenn gewünscht auch mit Experten für Grafik oder Geschichte. Eigentlich fehle nur noch, dass Gemeinden, Einrichtungen und Arbeitsstellen die Idee mit in ihre nächste Mitarbeiterrunde nehmen, so die Koordinatorin. Und sich vielleicht selbst gleich mal mit einer Spray­dose ausprobieren.

Details: www.kulturprojekte.berlin/mauerfall-35-das-projekt

Kontakt für alle Interessierten in der EKBO: Koordinatorin Christine Stier, E-Mail: c.stier@ekbo.de, Telefon 030/243 44-426, Mobil: 0155/60375258

Zum Online-Buchungsportal für Gruppen-Workshops: https://workshop-mauerfall35.yve-tool.de/public_registration/22132