„Süd-Nord-Freiwillige“ machen ein Austauschjahr in Deutschland

Beim Abschlussseminar in Hermannsburg haben junge Frauen aus Lateinamerika und Afrika über ihren Einsatz für das Missionswerk ELM berichtet – und über ihre Erfahrungen mit der Kirche.

Einige der insgesamt elf „Süd-Nord-Freiwilligen“ bei ihrem Abschlussseminar.
Einige der insgesamt elf „Süd-Nord-Freiwilligen“ bei ihrem Abschlussseminar.Susanne Zaulick

Ein Jahr lang in einem fremden Land eine soziale Aufgabe übernehmen: Diese Erfahrung haben Pretty und Mamotumi (beide aus Südafrika), Mica aus Paraguay und Bianca aus Brasilien gemeinsam. Die vier jungen Frauen haben einen Freiwilligendienst des Missionswerks ELM in Niedersachsen gemacht. Kurz vor ihrer Abreise zurück in die Heimat lassen sie beim Abschlussseminar die Zeit noch einmal Revue passieren.

Ihre Einsatzstellen waren ganz unterschiedlich: Pretty hat sich in einem Osnabrücker Seniorenheim um ältere Menschen gekümmert, Mamotumi war in der Jugendarbeit in der internationalen Begegnungsstätte Himmelsfels bei Spangenberg in Hessen tätig. Mica hat ihren Freiwilligendienst im evangelischen Kindergarten der Marktkirche Hannover absolviert und Bianca in der Lobetalarbeit, einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung.

„Ich habe meine Familie vermisst“

„Das Problem war am Anfang die Sprache, aber je besser ich die konnte, desto leichter wurde es“, erinnert sich Pretty an die Anfangszeit im Heywinkel-Haus in Osnabrück. Die 26-Jährige hat dort vor allem mit Menschen mit Demenz gearbeitet. Sie hat mit ihnen gebacken, gesungen, gespielt oder auch Andachten besucht. In ihrer Freizeit hat sie online ihr Studium der Kriminalistik inklusive der Abschlussprüfung absolviert, das sie in Südafrika begonnen hatte. „In Rekordzeit“, wie sie stolz anmerkt.

Mica aus Paraguay war anfangs sehr aufgeregt, erzählt sie, weil sie gehört hatte, das Deutsche reservierter sind. „Am Anfang habe ich viele neue Menschen getroffen, aber nicht gut kennen gelernt. Meine Kollegen haben mich unterstützt und der Job war gut. Trotzdem war ich nach sechs Monaten enttäuscht und einsam und habe meine Familie vermisst.“ Dann fand sie in Hannover eine freikirchliche Gemeinde und schloss dort Freundschaften. „Jetzt habe ich auch in Deutschland eine ‚Familie‘ und eine Gemeinde.“

Bianca hat in ihrer Heimat Brasilien als Sportlehrerin gearbeitet und dort auch schon mit Menschen mit Behinderung gearbeitet. „In Brasilien leben sie in ihren Familien, bei Lobetal in Gruppen. Ich glaube, sie haben ein gutes Leben hier“, sagt sie. An den Wochenenden hat die 24-Jährige mit dem Zug ganz Europa bereist.

Auch der Gottesdienst ist anders

Sie habe sich in Himmelsfels wie eine Botschafterin ihres Landes gefühlt, sagt Mamotumi aus Südafrika. Dort trafen sich junge Menschen aus aller Welt zu Begegnung, Gebet und Gespräch. „Wir haben aber auch im Garten gearbeitet. Ich habe gelernt, weiterzumachen, bis zum ‚Feierabend‘“, erzählt die 26-jährige Wasserbau-Ingenieurin. Manchmal sei es nicht ganz leicht gewesen: „Wir haben mit mehreren Freiwilligen in einer Wohnung gelebt. Da gab es schon auch mal Konflikte.“

Alle vier Frauen haben zu Hause schon in einem kirchlichen Umfeld gelebt und sich engagiert. In Deutschland haben sie neue Perspektiven auf das weltweite Christentum entdeckt – negative wie positive. „Der Gottesdienst ist hier ganz anders“, sagt Pretty, und nach einigem Zögern findet sie auch ein Adjektiv dafür: „langweilig“. Sie glaubt, das ließe sich ändern, wenn die Jugend mehr in die Gestaltung einbezogen würde.