Medien sollen in Sachen AfD zu eigenem Urteil kommen

„Es ist nicht die Aufgabe der Medien, darauf zu warten, was der Verfassungsschutz macht“, sagt Journalistik-Professor Schultz und fordert sie auf, sich ein unabhängiges Urteil zur AfD zu bilden.

Die AfD sei schon seit Jahren keine Partei unter anderen, sagt der Journalistik-Professor Tanjev Schultz
Die AfD sei schon seit Jahren keine Partei unter anderen, sagt der Journalistik-Professor Tanjev SchultzImago / dts Nachrichtenagentur

Unabhängig von einer möglichen Einstufung der AfD als bundesweit gesichert rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz hat der Journalistik-Professor Tanjev Schultz die Medien dazu aufgerufen, sich ein unabhängiges Urteil zur AfD zu bilden. „Es ist nicht die Aufgabe der Medien, darauf zu warten, was der Verfassungsschutz macht“, sagte Schultz dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Mainz. Hintergrund sind Medienberichte, wonach das Bundesamt für Verfassungsschutz daran arbeitet, die gesamte AfD als „gesichert extremistische Bestrebung“ einzustufen.

Die Bewertung des Verfassungsschutzes sei zwar relevant, könne aber nicht das alleinige Kriterium sein. „Der Verfassungsschutz hat ja auch schon fragwürdige Entscheidungen getroffen wie im Fall des Linken-Politikers Bodo Ramelow.“ Das Bundesverfassungsgericht hat 2013 entschieden, dass der Verfassungsschutz Ramelow jahrelang zu Unrecht beobachtet hatte. Schultz ist ehemaliger Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“ und lehrt heute an der Universität Mainz.

AfD: eine Gefahr für die Demokratie

Die AfD sei schon seit Jahren keine Partei unter anderen. „Wer hören und sehen kann, der konnte die Entwicklung der AfD hin zu einer radikalen und auch rechtsextremen Partei beobachten“, sagte Schultz. Deswegen sollten Redaktionen mit der AfD tatsächlich anders umgehen als mit anderen Parteien. „Ohne Not werden AfD-Politiker nach wie vor in Talkshows eingeladen, obwohl sie die Kultur des öffentlichen Diskurses beschädigen und die AfD eine Gefahr für die Demokratie darstellt.“ Dies werde dem Status der Partei nicht gerecht, kritisierte Schultz.

Versuche, Aussagen von AfD-Politikern zu entlarven, seien in den vergangenen Jahren kaum gelungen und hätten der Partei geholfen, sich als Opfer von Medien und anderen Parteien zu stilisieren. Gleichwohl werden die Medien nicht umhinkommen, sich mit den Inhalten der Partei auseinanderzusetzen und ihre Arbeit in den Parlamenten journalistisch einzuordnen.