Was beinhaltet das EU Lieferkettengesetz?

Die FDP hat die Zustimmung zur finalen Abstimmung zum EU-Lieferkettengesetz verweigert. Wie geht es jetzt weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Die EU hat sich auf ein Lieferkettengesetz verständigt
Die EU hat sich auf ein Lieferkettengesetz verständigtImago / Steinach

Kinderarbeit, Ausbeutung, Umweltschäden: All dem soll die europäische Lieferkettenrichtlinie bei Geschäften europäischer Unternehmen im Ausland ein Ende setzen. Nach einer Blockade der FDP stand das Vorhaben lange vor dem Scheitern. Inzwischen hat die Richtlinie die letzte Hürde genommen: Das EU-Parlament stimmte mit einer knappen Mehrheit dafür. Ein Überblick:

Was ist das Ziel des EU-Lieferkettengesetzes?

Die Richtlinie soll dafür sorgen, dass europäische Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten sicherstellen. So soll etwa verhindert werden, dass es bei Auslandsgeschäften zu Kinderarbeit kommt oder bei der Produktion die Umwelt zerstört wird.
Wo geht die EU-Richtlinie über das seit 2023 geltende deutsche Lieferkettengesetz hinaus?

Beide Regelungen gelten für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden. Das deutsche Gesetz gilt unabhängig vom Umsatz, die EU-Richtlinie greift ab einer jährlichen Umsatzschwelle von 450 Millionen Euro. Außerdem ermöglicht das EU-Gesetz einzelnen Personen, die durch die Unternehmen zu Schaden kamen, zivilrechtlich dagegen vorzugehen. „Damit wird der Rechtsschutz von Betroffenen verbessert“, sagt Paula Korth, Referentin für unternehmerische Sorgfaltspflichten bei Brot für die Welt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Darüber hinaus macht das EU-Gesetz Vorgaben zum Klimaschutz, und die umweltbezogenen Sorgfaltspflichten gehen weiter als die des deutschen Gesetzes.

Die Bundesregierung hat dem EU-Lieferkettengesetz nicht zugestimmt. Warum?

EU-Mitgliedsstaaten, EU-Parlament und Kommission hatten sich bereits im Dezember auf das Gesetz geeinigt. Danach hatte allerdings die FDP ihr Veto erklärt. Deutschland musste sich deshalb bei der Abstimmung enthalten.

Warum hat die FDP einen Rückzieher gemacht?

Zu umständlich, nicht praxistauglich und viele Risiken für Unternehmen: So lassen sich die Argumente der Liberalen zusammenfassen. Im ursprünglichen Entwurf sollten die Regeln zudem bereits für Unternehmen ab 500 Beschäftigten mit einem globalen Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro im Jahr gelten.
Wie wurde der Kurswechsel der Bundesregierung in der EU aufgenommen?

Läden wie Primark machen Expertinnen und Experten Sorgen, was Menschenrechte und Umweltschutz angeht
Läden wie Primark machen Expertinnen und Experten Sorgen, was Menschenrechte und Umweltschutz angehtImago / Michael Gstettenbauer

Nicht gut. Denn die Einigung zwischen EU-Mitgliedsstaaten, EU-Parlament und Kommission gilt in Brüssel als politische Einigung. Das abschließende Votum in Rat und Parlament ist danach eigentlich nur noch Formsache. Die FDP habe nicht nur Deutschland zu einer Enthaltung gezwungen, sondern auch auf andere Länder Druck ausgeübt, kritisierte etwa die Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Anna Cavazzini (Grüne).

Hinzu kommt: Es ist nicht der erste Kurswechsel der Liberalen. Bei der Entscheidung über das Verbrenner-Aus hat sich die FDP ähnlich verhalten. Experten fürchten, der europäische Gesetzgebungsprozess könnte Schaden nehmen, weil sich andere Länder ein Vorbild daran nehmen.

Was sagen deutsche Unternehmen zu der Richtlinie?

Große Verbände wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sind dagegen. Die EU-Richtlinie sei „weder praxistauglich noch verhältnismäßig“, sagte etwa der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.

Es gibt jedoch auch Unternehmen, die für das Regelwerk sind. Ein Bündnis mehrerer Unternehmen, darunter Aldi Süd und der Textil-Discounter Kik, warnte zuletzt vor einem Scheitern des Vorhabens. Diese Firmen befürchte auch, dass dadurch Wettbewerbsnachteile für sie entstünden, weil es in Deutschland bereits ein Lieferkettengesetz gibt.