Macron fordert gemeinsame Verteidigungspolitik der EU

Für ihren Einsatz für geeintes und freies Europa sind der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und das Deutsch-Polnische Jugendwerk am Dienstag in Münster mit dem Westfälischen Friedenspreis geehrt worden. In seiner Dankesrede rief Macron zu einer neuen europäischen Verteidigungsordnung zur Wahrung des Friedens auf. „Wir müssen in eine neue Etappe eintreten“, mahnte er vor über 100 Gästen aus Politik und Gesellschaft. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe Europa aufgeweckt. „Wir müssen eine europäische Verteidigung aufbauen und unabhängig vom US-amerikanischen Partner werden“, sagte der Präsident.

Es braucht laut Macron eine neue Vision eines geeinten Europas in Fragen von Frieden, Klimawandel und industrieller Transformation. Die europäische Idee sei zu gut, als dass man sie Skeptikern und Nationalisten überlassen dürfte, erklärte er. „Nationale Antworten reichen für die Herausforderungen der Zukunft nicht aus.“

Die Auszeichnung ist mit 100.000 Euro der am höchsten dotierte deutsche Friedenspreis und wird in der Regel alle zwei Jahre von der Wirtschaftlichen Gesellschaft für Westfalen und Lippe vergeben. In seiner Laudatio nannte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den französischen Präsidenten einen „Mutmacher“. „Wo andere von Grenzen sprechen, redest Du von Horizonten“, sagte Steinmeier. So habe Frankreich mit Deutschland im Februar 2022 alles dafür gegeben, um Frieden und ein verlässliches Auskommen mit Russland zu wahren. „Wir haben versucht, auf politischem Weg einen Krieg zu verhindern“, betonte er. Der russische Präsident Wladimir Putin habe dieses Bemühen „brutal zerschlagen“.

Die Geschichte habe gelehrt, dass Europa dann am stärksten sei, wenn es zusammensteht, erklärte Steinmeier. „Der zivilisatorische Fortschritt der EU liegt darin, dass sie uns den Rahmen gibt, in dem wir trotz unterschiedlicher Geschichte und Interessen Formen des friedlichen Ausgleichs gefunden haben.“ Als „leidenschaftlicher Europäer“ stehe Macron dafür ein. Dabei zeige er großes Interesse für das Gegenüber, sei bereit zuzuhören und für seine Ziele zu werben.

Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (beide CDU) unterstützten Macrons Aufruf für eine Verteidigungspolitik auf EU-Ebene. „Europa bleibt nur souverän, wenn es sich selbst behaupten kann“, sagte von der Leyen. Der NRW-Ministerpräsident betonte: „Nur ein lebendiges und starkes Europa kann Stabilität und Frieden wahren.“

Mit Macron wurde das Deutsch-Polnische Jugendwerk für dessen Engagement der europäischen Verständigung und insbesondere für die Zusammenarbeit mit der Ukraine ausgezeichnet. Bundesjugendministerin Lisa Paus (Grüne) übergab den Jugendpreis 2024 zusammen mit ihrer polnischen Amtskollegin Barbara Nowacka stellvertretend an drei junge Menschen eines ukrainisch-polnischen-deutschen Theaterprojekts. „Ihr seid die Zukunft Europas!“, sagte Paus. Das Jugendwerk stehe für Hoffnung und Aufbruch.

Der Preis war 1998 zum 350. Jubiläum des Westfälischen Friedens, mit dem 1648 der Dreißigjährige Krieg endete, gestiftet worden. Zuletzt ging die Auszeichnung 2021 an den früheren griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und den nordmazedonischen Ministerpräsidenten Zoran Zaev für ihre Einigung im mazedonischen Namensstreit. Das Preisgeld in Höhe von 100.000 Euro wird von rund 120 Unternehmern der Region gestiftet. Macron spendet sein Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro an das Deutsch-Französische Jugendwerk.

Am Rande der Preisverleihung am Dienstag im Rathaus zu Münster gab es auch Proteste. Anti-Atomkraft-Gruppen forderten von Macron die Beendigung der französischen Zusammenarbeit mit russischem Atomkonzern Rosatom. „Macrons Atompolitik finanziert Putins Krieg“ oder „Keine Geschäfte mit Rosatom!“ hieß es auf den Transparenten.