Käßmann: „Lieferung von Streubomben wird mit Achselzucken hingenommen“

Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, zeigt sich schockiert über die Lieferung von Streubomben an die Ukraine.

Margot Käßmann
Margot Käßmannepd-bild / Meike Boeschemeyer

Am 24. Februar 2022 begann Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Seitdem wird auch innerhalb der Kirche etwa über Waffenlieferungen an die Ukraine diskutiert. In den vergangenen Wochen ist es jedoch etwas ruhiger geworden, wie die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Margot Käßmann im „3 Fragen an“-Interview mit evangelische-zeitung.de sagt.

Frau Käßmann, vor wenigen Tagen wurden international geächtete Streubomben von den USA an die Ukraine geliefert. Wie bewerten Sie die Situation?
Margot Käßmann: Mich schockiert, dass die Lieferung von Streubomben geradezu mit einem Achselzucken hingenommen wird. Das sind grausame Angriffswaffen, die noch Jahre nach Kriegsende Menschen töten, weil die verstreuten Teile explodieren können. Die USA sind NATO-Mitglied. Die anderen Mitglieder hätten laut hörbar Einspruch erheben müssen.

Die Diskussion um Waffenlieferungen an die Ukraine hat öffentlich nachgelassen, auch in kirchlichen Verlautbarungen. Was wünschen Sie sich von Politik, Gesellschaft und den Kirchen?
Es scheint, als habe sich die Gesellschaft an den Krieg gewöhnt. Es wird so getan als sei der Krieg eine Notwendigkeit. Aber täglich sterben Menschen, Zivilisten sowie junge ukrainische und russische Soldaten. Daran dürfen wir uns nicht gewöhnen! Mir fehlen die Stimmen, die Waffenstillstand und schnellstmögliche massive diplomatische Interventionen fordern!

Sie selbst hatten im Frühjahr Ihre ablehnende Haltung zu Waffenlieferungen an die Ukraine bekräftigt. Ist das unverändert?
Meine Haltung ist unverändert. Es war richtig, dass Deutschland jahrzehntelang den Konsens hatte, keine Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete zu liefern. Ich sehe nicht wie diese massiven Waffenlieferungen für Millionen von Euro an die Ukraine zu einem Ende des russischen Angriffskrieges führen. Tod und Verwüstung nehmen ständig zu. So entsteht doch nicht mehr Sicherheit, sondern die Eskalationsspirale dreht sich auf beängstigende Weise hoch.