ISPK: Terrorgefahr in Russland und Westeuropa steigt

Die Terrorgruppe „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) hat sich zu den Anschlägen in der russischen Hauptstadt Moskau mit mehr als 100 Toten bekannt. Wer steckt hinter der Gruppe?

Trauer nach dem Terroranschlag in Moskau
Trauer nach dem Terroranschlag in MoskauImago / SNA

Die Terrorgruppe „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) hat sich zu den Anschlägen in der russischen Hauptstadt Moskau mit über 100 Toten bekannt. Die Gruppe ist heute neben jener in der Westsahara weltweit einer der aktivsten IS-Ableger. Der afghanische Ableger besteht aus einer Gruppe von wenigen Tausend Kämpfern, die sich 2015 gegründet hat. Damals wandten sich laut Asien-Experte Leo Wigger von der Berliner Candid Foundation radikalisierte Mitglieder der pakistanischen Taliban von den Taliban ab.

Der sogenannte Islamische Staat ist eine dschihadistisch-islamistische Gruppierung, die den Krieg gegen alle „Ungläubigen“ ausgerufen hat. Er hat ein Kalifat ausgerufen und vertritt anders als die regional operieren Taliban einen globalen Anspruch.

Was bedeutet der Name „Islamischer Staat Provinz Khorasan“?

Der Rückzugsort von ISPK sind Gebiete im Osten Afghanistans. Vor allem in den Provinzen Nangarhar und Kunar im Osten und Nordosten des Landes hat IS-PK seinen Operationsschwerpunkt. Der Name Khorasan ist ein geografischer Begriff. Er bezeichnet eine historische Region in Zentralasien, dazu gehören Teile Nordirans, Afghanistans und Turkmenistans.

Dezember 2023: Islamisten planten wohl einen Anschlag auf den Kölner Dom
Dezember 2023: Islamisten planten wohl einen Anschlag auf den Kölner DomImago / Panama Pictures

Der ISPK hat in den vergangenen Jahren mehrere schwere Anschläge in der afghanischen Hauptstadt Kabul verübt, darunter im August 2021 mit mehr als 100 Toten. Der ISPK habe im Windschatten des Ukraine-Kriegs in den vergangenen Jahren vermehrt Russland in seiner Propaganda ins Visier genommen, sagte Wigger, der Direktor für Südasien und Eurasien bei der Candid Foundation ist, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bereits 2022 gab es einen Anschlag auf die russische Botschaft in Kabul, zwei Botschaftsangehörige, darunter ein russischer Diplomat starben.

Warum ist Russland ein Feind der ISPK?

Laut Wigger gibt es mehrere Gründe, aus denen der ISPK Russland als Feind ansieht: die sowjetische Invasion in Afghanistan, das russische Vorgehen in Tschetschenien, Moskaus enge Beziehungen zur syrischen und iranischen Regierung und insbesondere die militärischen Kampagnen, die Russland gegen IS-Kämpfer in Syrien und in Teilen Afrikas geführt hat.

Ein wichtiger Faktor sei auch, dass in Syrien aufseiten des IS viele tadschikische Kommandeure gekämpft hätten. Die Ex-Sowjetrepublik Tadschikistan habe eine der höchsten Raten von Kämpfern, die sich dem Islamischen Staat angeschlossen haben.

Besteht eine islamistische Gefahr auch für Deutschland?

Der Umgang damit in dem Land am Pamir sei aber ambivalent, sagte Wigger: Denn zum einen sei zwar weitgehend unstrittig, dass aus dem Land tatsächlich eine punktuelle islamistische Gefahr nicht nur für Russland, sondern auch für Deutschland und andere westliche Staaten ausgehe. Zum anderen aber schüre und nutze das autoritäre Regime von Imomali Rahmon seit langem dschihadistische Gefährdungsdiskurse zur Legitimierung der eigenen Herrschaft. So werde etwa jegliche Form der Opposition gegen das Regime schnell als „islamistisch“ diskreditiert.

In Russland hingegen lebten viele tadschikische Gastarbeiter. Das Land sei wirtschaftlich von den Rücküberweisungen der Arbeitsmigranten in Russland abhängig. Viele Tadschiken arbeiteten unter äußerst schwierigen Bedingungen, beispielsweise im Bausektor. Es stehe zu befürchten, dass Migranten aus Tadschikistan nach dem Anschlag nun noch weiter diskriminiert würden, sagte Wigger.

Ist die ISPK auch in Deutschland aktiv?

Auch in Deutschland ist ISPK aktiv, auch wenn laut dem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2022 die genaue Zahl der IS-Anhänger hierzulande nicht bekannt ist. Die deutschen Sicherheitsbehörden nahmen im Dezember 2023 einen 30-jährigen Tadschiken in Gewahrsam – in Verbindung mit möglichen Anschlagsplänen auf den Kölner Dom, die kurz vor Weihnachten bekanntwurden. Das Bundesinnenministerium bewertet die Gefährdungslage durch Islamisten in Deutschland nach wie vor als hoch.