„Eine klare Stimme“ – Trauergottesdienst für Hans-Martin Linnemann
Abschied vom früheren westfälischen Präses Linnemann: Die ehemalige Präses Kurschus hob im Trauergottesdienst seine tiefe Frömmigkeit und seinen Einsatz für Menschen am Rande der Gesellschaft hervor.
Angehörige und Mitglieder der westfälischen Kirche haben in einem Trauergottesdienst Abschied von dem früheren Präses Hans-Martin Linnemann genommen. Die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende und westfälische Präses, Annette Kurschus, würdigte Linnemann als Theologen, der tiefe Frömmigkeit und Pragmatismus verbunden habe. Linnemann, der am 2. Januar im Alter von 93 Jahren gestorben war, stand von 1985 bis 1996 an der Spitze der Evangelischen Kirche von Westfalen.
Linnemann habe dafür gestanden, „Gottes Gerechtigkeit eine klare Stimme zu geben“, sagte Kurschus in ihrer Trauerpredigt in der Neustädter Marienkirche. Er habe dort hingeschaut, „wo die Stummen, die Leisen unter die Räder kommen“. Fragen von Recht und Gerechtigkeit hätten den Theologen schon früh berührt. Als Beispiele nannte Kurschus die Themen Frieden, Migration, Asyl und den Strukturwandel in der industriellen Arbeitswelt. Autoritäre Leitung habe Linnemann ferngelegen. Stattdessen habe er durch äußere Bescheidenheit und innere Klarheit überzeugt.
Linnemann verfolgte seine Kirche bis zuletzt
Linnemann habe bis zuletzt Entwicklungen der Kirche mit wachem Interesse verfolgt, sagte Kurschus weiter. Seinen erfahrenen Rat habe auch sie ausdrücklich gesucht. Der Trauergottesdienst war der erste öffentliche Auftritt der Theologin, die am 20. November nach Vorwürfen, sie sei nicht transparent mit einem mutmaßlichen Fall sexualisierter Gewalt umgegangen, von beiden Leitungsämtern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der westfälischen Kirche zurückgetreten war. Die Predigt hielt Kurschus auf ausdrücklichen Wunsch Linnemanns, wie es hieß.
Der 1930 in Witten-Bommern geborene Linnemann arbeitete nach seinem Theologiestudium als Studierendenpfarrer in Münster sowie als Gemeindepfarrer in Dortmund. Später wurde er Superintendent in Lünen und Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Kirchenkreise Dortmund und Lünen. Linnemann gehörte zudem von 1989 bis 1997 dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an, 1993 wählte ihn die Konferenz Europäischer Kirchen in ihr Präsidium.
Gäste nahmen am Sarg Linnemanns Abschied
Als leitender Geistlicher setzte sich Linnemann besonders für die Versöhnung mit den Menschen und Kirchen im Osten Europas ein. Über seinen Ruhestand hinaus engagierte er sich als Seelsorger in seiner Kirchengemeinde in Bielefeld-Vilsendorf. Als Ruheständler vermittelte er im Jahr 2007 erfolgreich im Konflikt um die Paul-Gerhardt-Kirche in Bielefeld – Gemeindemitglieder hatten die Kirche aus Protest gegen deren Verkauf mehrere Monate besetzt.
Den Auftrag seiner Kirche habe er stets in Mission und Diakonie, in Seelsorge und Zugewandtheit gesehen, hatte die westfälische Kirche erklärt. Der Theologische Vizepräsident der Landeskirche, Ulf Schlüter, hob Linnemanns Bescheidenheit sowie seine Geistesgegenwart hervor. Die Evangelische Kirche von Westfalen verdanke ihm unendlich viel, sagte er im Anschluss an die Trauerfeier. Linnemann werde im Gedächtnis der Landeskirche bewahrt bleiben. „Ihn gekannt zu haben und von ihm begleitet zu sein – das war ein Segen, auch für mich persönlich“, sagte Schlüter.
Viele der Trauergäste nahmen am Ende des Gottesdienstes am aufgebahrten Sarg Linnemanns persönlich Abschied. Die Beisetzung findet am Montag auf dem Hauptfriedhof in Dortmund statt.