Verantwortungsgemeinschaft: Chance für Regenbogenfamilien

Von der geplanten Verantwortungsgemeinschaft der Bundesregierung könnten zukünftig nicht nur Senioren, sondern auch Regenbogenfamilien profitieren. Sie wünschen sich dafür aber mehr Absicherung.

Die von der Ampel-Koalition geplante Verantwortungsgemeinschaft könnte auch für Regenbogenfamilie ein enormer Vorteil sein
Die von der Ampel-Koalition geplante Verantwortungsgemeinschaft könnte auch für Regenbogenfamilie ein enormer Vorteil seinImago / Funke Foto Services

Seit kurzem sind sie eine Regenbogenfamilie – dabei war das ursprünglich gar nicht der Plan. Eigentlich hatten Felix und sein Mann Maximilian gehofft, bald zu dritt zu sein. Mit Mandy und Elias sind sie jetzt zu viert.

„Wir haben Mandy über eine Internetplattform kennengelernt, die Co-Elternschaften vermittelt – ähnlich wie Tinder“, erzählt Felix, der biologische Vater des vier Wochen alten Elias. Die Geburt verlief nicht ohne Komplikationen. „Es war eine schwierige Zeit für uns und wir hatten Glück, dass das Krankenhauspersonal sehr verständnisvoll war mit unserer Dreierkonstellation – allein schon wegen der Auskunftsrechte“, erinnert sich der 32-jährige Jurist. „Für uns wäre rechtlich betrachtet eine Verantwortungsgemeinschaft ein enormer Vorteil. Jetzt regeln wir alles separat mit Vollmachten.“

Verantwortungsgemeinschaft soll 2025 Realität werden

So wie bei diesem Viererteam könnte eine Verantwortungsgemeinschaft aussehen, wie sie die Ampel-Regierung plant. 2025 soll das neue sogenannte Rechtsinstitut Realität werden. Ähnliche Konstrukte gibt es schon in Frankreich und Dänemark. Bisher war vor allem die Rede von Senioren- WGs oder Alleinstehenden, die über eine Verantwortungsgemeinschaft mehr Rechte erhalten und mehr Pflichten übernehmen könnten.

Mehr gesellschaftliche Verantwortung ist auch angesichts des demografischen Wandels vonnöten, sagt Cornelia Kricheldorff. „Das in Recht zu gießen, finde ich allerdings schwierig.“ Die emeritierte Professorin für Soziale Gerontologie an der Katholischen Hochschule Freiburg hat jahrzehntelang zu „Caring Communities“ geforscht. Eine ihrer Erkenntnisse: „Ein echtes Gemeinschaftsgefühl beruht wie auch das soziale Miteinander immer auf Freiwilligkeit, rechtliche Bindungen wirken für die meisten Menschen eher abschreckend.“

Noch fehlen die nötigen strukturellen Rahmenbedingungen

Die Politik könnte allerdings die nötigen strukturellen Rahmenbedingungen schaffen, um Verantwortungsgemeinschaften zu ermöglichen. „Es braucht Begegnungsräume und auch Wohnungen, die nicht nur für Singles oder Paare konzipiert sind“, erläutert Kricheldorff.

 

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Für die neue Berliner Kleinfamilie wäre allerdings gerade die rechtliche Absicherung wichtig. „Wir stellen uns schon einige Fragen, zum Beispiel: Was passiert im Todesfall? Wir haben jetzt eine 50-50-Sorgerechtsvereinbarung geschlossen, mein Mann ist dabei rechtlich allerdings außen vor“, erklärt Felix. „Elias trägt jetzt den Namen der Mutter. Es wäre für uns auch schöner, wenn er einen Doppelnamen annehmen könnte.“

Ihre Gemeinschaft ist bislang rechtlich nicht ganz einfach. Deswegen war eine solche Konstellation auch nicht die erste Wahl. „Zunächst hatten wir uns um eine Adoption bemüht, aber die Berliner Behörden waren nicht besonders kooperativ und entgegenkommend“, sagt Felix. „Für uns und für Mandy – sie ist 38 Jahre alt und hatte etwas Sorge, dass ihr Kinderwunsch nicht mehr in Erfüllung geht – war das schließlich die beste Option.“ Das erste Lebensjahr von Elias werden alle vier in der Wohnung der beiden Väter wohnen. Wie es dann weitergeht, wird sich zeigen.

FDP will „Bürokratie-Burnout“ bekämpfen

Rechtlich betrachtet müssten sie sich auch im Fall einer Verantwortungsgemeinschaft nicht zu sehr festlegen. Denn: Was schnell verbunden werden kann, soll sich dann auch einfacher wieder lösen lassen. Den „Bürokratie-Burnout“ wolle sein Haus bekämpfen – das gab Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) diesbezüglich zu Protokoll und prägte damit ein neues Bonmot im politischen Fachjargon.

„Unbürokratisch ist schon einmal gut“, sagt Wissenschaftlerin Kricheldorff. Um den Herausforderungen des gesellschaftlichen Wandels gerecht zu werden, braucht es ihrer Meinung nach aber mehr als Unterschriften auf Papier. „Es gibt viele gerade ältere Menschen, für die eine Orientierung zu einem gemeinschaftlichen Wohnen attraktiv ist“, sagt Kricheldorff. „Allerdings – und das gilt nicht nur für ältere Menschen – hohe Erwartungen können auch schnell zu Enttäuschungen führen.“

In Berlin sind die Erwartungen ebenfalls hoch. Unabhängig davon, inwieweit sie erfüllt werden, haben Felix, Maximilian, Mandy und Elias einen langen gemeinsamen Weg eingeschlagen.