Bibel-Brötchen und BibelMobil: Das war der Tag der Bibel in Görlitz

In Görlitz wurde zum ersten Mal der Tag der Bibel gefeiert. Das Programm fand an vielen Orten statt und das Buch der Bücher stand auf unterschiedliche Weise im Mittelpunkt.

Gottesdienst am Tag der Bibel mit Kindermusical in der Görlitzer Lutherkirche.
Gottesdienst am Tag der Bibel mit Kindermusical in der Görlitzer Lutherkirche.Raphael Schmidt

Eine fast gespenstische Stille lag auf dem Görlitzer Postplatz. Das übliche Quietschen der Straßenbahnen, die mehrere Kurven durchfahren und für solche Geräusche sorgen, fand nicht statt. Sie fuhren nicht an diesem Tag, auch keine Busse, die ansonsten für Lärm gesorgt hätten. Die Gewerkschaft Verdi hatte einen Streik angesetzt und den öffentlichen Nahverkehr lahmgelegt. Auch die zwei Doppeldeckerbusse, die an dem Platz geparkt waren, waren stumm. So war die Musik, die unter einem Pavillon hervorkam, gut zu vernehmen. Während Bibelmobilist Stephan Naumann mit seiner Band vom Mandelzweig sang, der wieder blüht und treibt, mit der die kleine Andacht begann, leerte hinter dem Podest ein Müllmann den überquellenden Papierkorb.

Vom Wort Gottes ansprechen lassen

Generalsuperintendentin Theresa Rinecker begrüßte die Gäste des Tages der Bibel, der erstmalig in Deutschland stattfand. Ohne Streik wären einige mehr gekommen.

„Wir sind hier beieinander, weil wir den neuen Bibel-Bus einweihen oder segnen oder alles was in ihm geschieht unter Gottes großen Bogen stellen wollen“, sagte die Generalsuperintendentin. Gemeinsam mit ihrem katholischen Amtskollegen segneten sie die Menschen, die bemüht sind, in und am Bibelmobil mit denen in Kontakt zu kommen, die sich vom Wort Gottes ansprechen lassen – egal, ob mit dem alten Fahrzeug, das noch einige Wochen fahren wird, oder dem neuen, das erst umgebaut werden muss.

Generalsuperintendentin Theresa Rinecker und CVJM-Generalsekretär Hansjörg Kopp.
Generalsuperintendentin Theresa Rinecker und CVJM-Generalsekretär Hansjörg Kopp.Raphael Schmidt

Die Organisation stand unter der Leitung des Vereins „BibelMobil“. Über den Vorbereitungs-Stress hat sich Vereinschef Thomas Brendel nicht beklagt, obwohl es reichlich davon gab, nicht nur für ihn. Speziell in der Zeit vor dem „Tag-B“ ergaben sich noch einige unlieb­same Überraschungen, die nicht im Plan standen. Eine war der Streik beim Öffentlichen Nahverkehr. Doch all das steht hinter der Freude über das neue BibelMobil zurück, das der Verein dank der groß­zügigen Unterstützung durch den Kirchenkreis Schlesische Oberlausitz anschaffen konnte. Der General­sekretär der Katholischen Bibel­gesellschaft, Christoph Rösel, brachte aus Stuttgart Bibeln als Geschenke mit. Der Christliche Verein Junger Menschen (CVJM) unterstützt die Arbeit des BibelMobils, dessen Generalsekretär Hansjörg Kopp überbrachte Grüße aus Kassel.

Die Bibel am Frühstückstisch

Vor eineinhalb Jahren brachte Pfarrer im (Un-)Ruhestand Ludwig Ammer die Idee eines Tages der Bibel nach Görlitz. Seitdem wird vorbereitet. Das Programmheft war 60 Seiten stark, mit einem Grußwort von Oberbürgermeister Octavian Ursu, dem Schirmherr des Tages. Im Heft wurden 100 kleinere oder größere Aktionen und Veranstaltungen aufgeführt.

Nach der Feier auf dem Postplatz gab es an verschiedenen Orten der Stadt Bibelfrühstücke. In der Pilgerherberge Peregrinus beispielsweise hatten der ehemalige General­superintendent Martin Herche und seine Frau, Pastorin Sylvia Herche, gemeinsam mit Mitstreitern Tische gedeckt, schenkten Kaffee ein und die Gäste erfuhren etwas über schlesische Gesangbücher, die dort ausgestellt waren.

Fast wie ein Kirchentag

Görlitz ist eine christlich geprägte Stadt. An vielen Häuserfassaden oder Türmen sind Reliefs mit christlichen Motiven angebracht. Die wohl bekannteste Fassade ist die des Biblischen Hauses. Hans-Wilhelm Pietz, der ehemalige Regionalbischof des Sprengels Görlitz, stellte sein soeben erschienenes Buch über das Biblische Haus vor. Führungen an christlichen Orten, so am Hei­ligen Grab, Konzerte, Kindermusical … das Programm war vielfältig. Alle Angebote konnte ein Einzelner keinesfalls nutzen, denn vieles lief parallel ab – wie bei einem Kirchentag.

Beate Pfarr und Gäste.
Beate Pfarr und Gäste.Raphael Schmidt

Der Tag der Bibel fand kurz vor Mitternacht in der größten Kirche der Stadt, Sankt Peter und Paul, seinen krönenden Abschluss mit dem Bibelfest, das mit fulminanten Bläserklängen der Blechbläser unter Leitung von Steffen Besser begann. Volker Richter, Vorsitzender des Gemeindekirchenrates der Versöhnungsgemeinde Görlitz, der mit Schubkarre, Steinen und Werkzeug den Mittelgang nach vorn ging, hauchte Conrad Pflüger, dem Baumeister dieser Kirche, Jahr­hunderte nach dessen Tod wieder Leben ein. Neben einem Dialog mit dem bedeutenden Orgelbauer Adam Horatio Casparini (Kirchenmusik­direktor Reinhard Seeliger), der vom Organisten Matthias Eisenberg schwärmte, der die Sonnen­orgel hinter dem Casparini-Prospekt neu baute. Darüber hinaus ließ Eisenberg unlängst Spanische Trompeten unter der Kirchendecke installieren und intonieren, die Eisenberg das erste Mal beim Pfingstgottesdienst klingen lassen wird.

Bibel-Brötchen vom Bäckermeister

Nach dem ersten Teil des Abends gab es Bibel-Brötchen von Bäckermeister Michael Tschirch, der auch zu anderen besonderen Ereignissen besondere Produkte bäckt, so Tränenbrötchen an Karfreitag. Die Brötchen sollten geteilt werden und die Besucher miteinander ins Gespräch kommen. Israelischer Wein und Traubensaft wurde in kleinen Tonbechern ausgeschenkt, die eigens für den Tag der Bibel hergestellt worden waren. Mittendrin in der Menschentraube stand der sichtlich zufriedene Pfarrer Ludwig Ammer, dessen Erwartungen „weit übertroffen“ wurden, wie er sagt. Taizé-Gesänge und Gebete beschlossen den Abend bei dem, um den es in der Bibel geht, beim lebendigen Gott.