Berlinale lädt AfD aus: Das kleinere Übel

Nach langer Diskussion hat die Berlinale die AfD von ihrer Eröffnungsgala ausgeladen. Jetzt gefällt sich die Rechtsaußen-Partei in ihrer Opferrolle. Das muss man aushalten, kommentiert Timo Teggatz.

Unser Autor Timo Teggatz
Unser Autor Timo TeggatzStudioline

Am kommenden Dienstag feiert die Berlinale mit viel Tamtam ihre Eröffnungsgala. Über den roten Teppich beim Filmfest laufen dann jede Menge Prominente aus Film, Gesellschaft – und fünf Politiker der AfD. Das war jedenfalls bis gestern Abend der Plan der Berlinale. Dann hat die Festivalleitung nach tagelanger Diskussion die Notbremse gezogen und die AfD ausgeladen. Damit hat sie sich für das kleinere Übel entschieden.

Aber wie konnte es so weit kommen? Die einfache Antwort: Die bundesweit unbekannten AfD-Abgeordneten sitzen im Kulturausschusses des Bundestags – und dessen Mitglieder werden vom Kulturstaatsministerium zu der Gala eingeladen. Kulturstaatsministerin Claudia Roth hatte die Einladungen noch als „demokratische Praxis“ verteidigt. Das mag sein, doch die AfD ist nun einmal keine normale Partei, siehe Europa-Politik (Stichwort „Dexit“) oder Flüchtlingspolitik (Stichwort „Remigration“).

Berlinale in der AfD-Zwickmühle

Dass sich die Entscheidung der Berlinale-Leitung so lange hingezogen hat, ist verständlich. Denn die Verantwortlichen sind in einer Zwickmühle. Da ist zum einen die große Reputation, die das Filmfest international genießt. Hollywood-Stars und andere weltbekannte Gäste werden in Berlin erwartet. Da wäre es wirklich schädlich für Deutschlands Ansehen in der Welt, wenn Politiker von rechtsaußen mit üblen Ansichten bei der Eröffnungsgala dabei sind und sich dort selbst inszenieren.

Den Berliner Bären bekommt die AfD nicht zu Gesicht – und das ist gut so
Den Berliner Bären bekommt die AfD nicht zu Gesicht – und das ist gut soImago / Seeliger

Nicht nur international, auch national wäre eine AfD-Einladung gerade jetzt das falsche Zeichen. Bundesweit gehen praktisch jeden Tag Menschen in irgendeiner Stadt gegen Rechtsextremismus im allgemeinen und die AfD im besonderen auf die Straße. Aber diese Partei darf sich zur gleichen Zeit auf der Berlinale im Glanz von Hollywood sonnen? Den vielen Demonstrierenden hätte das wie Hohn vorkommen müssen.

Da ist aber auch ein Haken, den die Ausladung hat. Denn die AfD kann jetzt wieder das machen, was sie leider sehr gut beherrscht: die Opferrolle geben. Man kann sich schon vorstellen, wie Alice Weidel & Co in den Polit-Talkshows sitzen und diese Ausladung genüsslich ausbreiten. Das wird nicht schön, aber das muss man aushalten. Denn eine AfD auf dem roten Teppich eines weltweit renommierten Festivals wäre viel schlimmer.