75 Jahre Grundgesetz: Buschmann für mehr Gefühl, aber gegen Feiertag

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wünscht sich mehr Verfassungspatriotismus in Deutschland. Zum 75. Jahrestag des Inkrafttretens des Grundgesetzes sagte der FDP-Politiker, Menschen hätten „einen kalkulierenden Verstand, aber auch einen Bauch und ein Herz“. Manchmal fehle es an einem Gemeinschaftsgefühl und einer positiven Einstellung gegenüber dem demokratischen Staat und seinen Institutionen.

Im Interview mit der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Donnerstag) sagte Buschmann, er finde den Vorschlag, den 23. Mai als Geburtstag der bundesdeutschen Verfassung zum nationalen Feiertag zu erklären, grundsätzlich sympathisch. „Aber mehr Feiertage passen wirtschaftlich nicht in die Zeit. Man müsste dann also auch die Frage beantworten, welchen anderen Feiertag man dafür abschaffen wollte“, sagte er.

Zum 75. Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes wird am Donnerstagmittag in Berlin ein Staatsakt gefeiert. Die Festansprache hält Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Dem Staatsakt geht ein ökumenischer Gottesdienst voraus. Von Freitag bis Sonntag folgt rund um das Kanzleramt und den Bundestag ein Demokratiefest für die Bevölkerung, das auch dem 35. Jahrestag der friedlichen Revolution in der DDR gewidmet ist.

Buschmann äußerte sich zurückhaltend, den Artikel 146 aus dem Grundgesetz zu streichen, der 1949 den vorläufigen Charakter der Verfassung für Westdeutschland angesichts der deutschen Teilung festgeschrieben hatte. Die Debatte darüber sei „ein wenig theoretisch“. „Wir sollten mit dem Grundgesetz weiterarbeiten. Es ist faktisch seit der Wiedervereinigung unsere gemeinsame und gelebte Verfassung“, sagte der Justizminister. Artikel 146 sieht vor, dass das Grundgesetz seine Gültigkeit verliert, wenn eine Verfassung in Kraft tritt, „die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist“.

Die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen-Anhalt, Dietmar Woidke (SPD) und Reiner Haseloff (CDU), lehnten eine entsprechende Volksabstimmung ab. „Es gibt weiterhin bestehende Ungerechtigkeiten zwischen Ost und West, die endlich abgebaut werden müssen“, sagte Woidke dem „Stern“ (Donnerstag). Von Volksabstimmungen zum Artikel 146 Grundgesetz habe aber kein einziger Ostdeutscher etwas.

Haseloff erklärte: „75 Jahre nach seiner Verkündung sollte es nicht darum gehen, über das Grundgesetz abzustimmen, sondern vielmehr es weiter mit Leben zu füllen, es zu achten und zu bewahren.“ Beide Ministerpräsidenten positionierten sich damit gegen einen Vorstoß ihres Amtskollegen aus Thüringen, Bodo Ramelow (Linke). Ramelow hatte eine Volksabstimmung vorgeschlagen, um aus dem Grundgesetz eine Verfassung zu machen.

Auch Kirchenvertreter würdigten das Grundgesetz zu dessen Jubiläum. Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, erklärte, die Demokratie sei eine Staatsform der Freiheit. „Wir alle sind dazu aufgerufen, diese Freiheit in Verantwortung zu leben und mitzugestalten“, sagte die Hamburger Bischöfin.

Der Münsteraner Bischof Felix Genn sagte der Redaktion „Katholische Kirche im Privatfunk NRW“: „Demokratie ist nicht nur eine Staatsform, sondern eine Lebensauffassung. Er sei “außerordentlich dankbar für dieses stabile Grundgesetz, das ja aus der Zwangsherrschaft des Nationalsozialismus und dem vorherigen Scheitern der Weimarer Demokratie geboren wurde”.