Zweifel an Erfolgschancen eines AfD-Verbots

Nach der Enthüllung eines geheimen Treffens hochrangiger AfD-Politiker mit Rechtsextremen ist die Debatte über ein Verbot der Partei wieder entfacht. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach sich erneut dafür aus. „Wir haben es mit einer Partei zu tun, die in drei Bundesländern als gesichert rechtsextrem eingestuft worden ist“, sagte er der „Welt am Sonntag“. In zwei dieser Länder habe sie bei den Landtagswahlen im Herbst zugleich gute Aussichten, stärkste Kraft zu werden. „In einem solchen Moment sollte eine wehrhafte Demokratie die Instrumente, die ihr zu ihrem eigenen Schutz zur Verfügung stehen, auch nutzen“, sagte Günther.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich hingegen skeptisch zu einem AfD-Verbot. „Ich kann die Erfolgsaussichten nicht beurteilen – ein Verfahren würde vermutlich sehr lange dauern“, sagte Steinmeier der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag). Er rate deshalb „dazu, dass wir uns auf das konzentrieren, was unmittelbar in diesem Jahr möglich und notwendig ist: Wir sollten die besseren Antworten geben, wir sollten demokratische Mehrheiten organisieren und diese stärken.“

Einen Antrag für ein Verbot der AfD müssten Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung stellen. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen stuft der Landesverfassungsschutz die Partei als gesichert rechtsextremistisch ein. In Brandenburg sowie in weiteren Bundesländern wird die AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD ebenfalls als Verdachtsfall ein. Bei den Landtagswahlen im Herbst in Brandenburg, Sachsen, und Thüringen könnte die Partei nach derzeitigem Stand stärkste Kraft werden.

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hält einen Verbotsantrag gegen die AfD dennoch derzeit für falsch. „Das würde der AfD nur in die Hände spielen“, sagte er dem Berliner „Tagesspiegel“ (Samstag). Der Grundgesetzartikel, der das Parteiverbot regelt, setze hohe Hürden. Man sollte einen Verbotsantrag nur dann stellen, „wenn man hinreichende Informationen hat, um alle die genannten Punkte wirklich zu belegen und man mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Erfolg ausgehen kann“, sagte der Staatsrechtler.

Ähnlich äußerte sich die Verfassungsrechtlerin Gertrude Lübbe-Wolff. Für ein Parteiverbot bedeuteten einzelne Enthüllungen wie jene über die „Remigrationspläne“ in Kreisen der AfD noch nichts Entscheidendes. „Dafür kommt es auf das Gesamtbild an, also darauf, wie viel Unterstützung solche Positionen in der Partei und unter ihren Anhängern finden“, sagte die ehemalige Bundesverfassungsrichterin dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Politologin Ursula Münch hält von einem Verbotsverfahren ebenfalls wenig. Die verfassungsrechtlichen Hürden seien dafür zu hoch, sagte die Politikwissenschaftlerin und Direktorin der Politischen Akademie Tutzing dem epd. Völkisches Gedankengut lasse sich im Parteiprogramm nicht finden, das gehe über einzelne Personen in der AfD. Vielmehr müssten die demokratisch legitimierten Parteien den Schulterschluss gegen die AfD suchen.

Auch der Grünen Co-Vorsitzende Omid Nouripour plädierte dafür, sich mit der AfD vordringlich politisch auseinanderzusetzen. Mit den Teilnehmern des Potsdamer Treffens sollte sich aus seiner Sicht die Staatsanwaltschaft befassen. „Wenn sich Personen treffen, um einen Umsturz oder Deportationen von Millionen Menschen zu planen, dann ist das strafrechtlich zu belangen“, sagte Nouripour der Tageszeitung „Welt“ (Montag).

Der frühere Ostbeauftragte Marco Wanderwitz (CDU) setzt sich dagegen weiter für ein AfD-Verbot ein. Eine Garantie für den Erfolg eines solchen Verfahrens gebe es nicht, sagte er dem Magazin „Stern“: „Aber wenn wir eine weitere Radikalisierung abwarten, kann es zu spät sein.“