Wohnen, staunen, beten – alte Kirchengebäude neu beleben

Zu alt, zu teuer, zu marode. Mancherorts werden Kirchen abgerissen. Die Kirche als Mittelpunkt eines Ortes ist heute nicht mehr selbstverständlich – doch es gibt auch bessere Lösungen.

Modellzeichnungen für das Gelände einer profanierten Kirche
Modellzeichnungen für das Gelände einer profanierten KircheImago / Funke Foto Services

In Deutschland gehören noch 50 Prozent der Menschen der katholischen oder evangelischen Kirche an. Nur noch. Das hat Folgen für die mehreren zehntausend Kirchenhäuser. Wie Kirchen erhalten bleiben können, ist eine Frage, die in Deutschlands ältestem Bistum Trier unterschiedlich beantwortet wird.

Baustaub und Gewusel statt Andacht und Gebet

“Klar: Das ist keine Kirche mehr, auch wenn sie von außen weiterhin so aussieht”, sagt Jan Eitel. Der Projektentwickler steht vor der ehemaligen Maria Königin Kirche im Trierer Westen. Hier ziehen in diesem Frühjahr Mieter ein, finden in der Kirche ein zu Hause. Trier, das sich als älteste Stadt Deutschlands bezeichnet, hat zu wenige Wohnungen und Kirchen, die nicht alle genutzt werden.

“Eine Kirche abreißen, das würden wir nicht machen”, unterstreicht Eitel Ende März beim Gang durch die Baustelle. “Wir bewerben uns nur, wenn es eine Idee gibt.” Die Idee, das sind 16 Wohnungen auf fünf Etagen – 22 Meter hoch bis unter das neue Dach. Die Miete beträgt im Durchschnitt 10,60 Euro pro Quadratmeter, inklusive der Küchen.

Was man aus Kirchen alles machen kann

Auch die Kirche bleibt: “Mindestens für zehn Jahre überlassen wir der Kirchengemeinde kostenfrei einen großen Gruppenraum”, berichtet Eitel, der als Vorstand der Kulturstiftung Trier der Stadtgesellschaft verbunden und in der Deutschen Akademie für Städtebau- und Landesplanung aktiv ist.

Ortswechsel auf die andere Moselseite: In der Innenstadt ist in der Kirche Sankt Paulus antike Geschichte zu Hause. Ab Mai ist die Ausstellung “Die letzte Schlacht um Rom” zu sehen. Eine Agentur hat dafür die Kirche gemietet.

“Es kamen zum Schluss einfach zu wenige Gläubige”, erinnert sich Markus Nicolay, Pfarrer der Pfarrei Liebfrauen. Langfristig soll das Gebäude verkauft werden, bislang hat sich nichts ergeben. Nach 110 Jahren wurde Sankt Paulus im Jahr 2017 profaniert. “Es gibt in der Nähe weitere Kirchen, 500 Meter entfernt”, sagt Nicolay und blickt auf die ehemalige Kirche. Es ist ihm anzumerken, dass ihm der Abschied nahegeht.

Bistum Trier: Seit 1995 42 Kirchen und 11 Kapellen profaniert

Profanierung bedeutet, dass ein Gebäude nicht mehr kirchlich genutzt wird. Neue Nutzungen sind möglich, wenn sie dem Ansehen und den Wertvorstellungen der katholischen Kirche nicht entgegenstehen. Nicht jede Kirche kann gerettet werden: Etwa in Sankt Wendel, in Keuchingen, in Ariendorf und in Echternacherbrück wurden Kirchen abgerissen.

Ende 2022 gab es knapp 1.900 Kirchen und Kapellen, etwa 275 Pfarrhäuser und mehr als 500 Pfarrheime. Das Bistum gibt Geld für die Nutzung und den Erhalt. Seit 2023 gibt es ein Immobilienkonzept für das Bistum. Die Gemeinden als Besitzer und Rechtsträger können so Perspektiven für Kirchen und andere Gebäude entwickeln.

“Wir haben das gemeinsame Ziel, Immobilien zu tragen, die den pastoralen Angeboten entsprechen und durch die Kirchengemeinden auch finanziert werden können”, schildert Georg Breitner, Leiter des Amts für kirchliche Denkmalpflege. “Nicht zuletzt müssen wir dem kulturellen Erbe, das sich in Kirchengebäuden ausdrückt, Rechnung tragen.”

Die Gemeinde ist wieder zu Hause in ihrer Kirche

Geglückt ist das im beschaulichen Hentern. Unweit der Stadt Trier liegt die Dorfkirche Sankt Georg am Ruwer-Ufer. Sie wurde 2018 aus statischen Gründen geschlossen. Viele sahen das Aus bevorstehen, steht doch zwei Kilometer flussaufwärts die nächste Kirche. Aber die Profanierung blieb aus; rund eine Million Euro flossen in die Rettung. Palmsonntag können gut 250 Gläubige und Gäste wieder in ihre Kirche.

“Wir sind wieder hier”, freut sich Pfarrer Kai Georg Quirin bei der Wiedereröffnung. “Es ist ein schöner Tag: Jesus zieht in Jerusalem ein und wir in unsere Kirche.” Auch Franz-Josef Gebert, emeritierter Trierer Weihbischof, kam zum feierlichen Hochamt.

Manchmal wird sogar neu gebaut: 2011 wurde im saarländischen Wellesweiler mit Sankt Johannes ein Neubau für eine Kirche der 1960er Jahre eröffnet und 2022 segnete Triers Bischof Stephan Ackermann die Ersatz-Pfarrkirche Sankt Peter und Paul in Urbar. Dort bekannte er: “Wer in dieser Zeit eine neue Kirche baut, beweist Mut.”