Was besagt der Entwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz?

Trans- und intergeschlechtliche Menschen sollen mit dem Selbstbestimmungsgesetz beim Standesamt einfacher ihren Namens- und Geschlechtseintrag ändern können. Hier die Antworten zu wichtigen Fragen.

Am Freitag stimmt der Bundestag über das Selbstbestimmungsgesetz ab. Das geplante Gesetz soll das derzeit geltende Transsexuellengesetz ablösen
Am Freitag stimmt der Bundestag über das Selbstbestimmungsgesetz ab. Das geplante Gesetz soll das derzeit geltende Transsexuellengesetz ablösenImago / Zoonar

Auch innerhalb der Ampel-Fraktionen gab es lange Debatten über das Selbstbestimmungsgesetz: Trans- und intergeschlechtliche Menschen sollen damit beim Standesamt einfacher ihren Namens- und Geschlechtseintrag ändern können. Hier lesen Sie Antworten zu den wichtigen Fragen des Vorhabens.

Welche Regelung gilt derzeit?

Das derzeit geltende Transsexuellengesetz ist über 40 Jahre alt. Danach müssen Menschen, die ihr Geschlecht im Pass ändern wollen, zwei psychiatrische Gutachten einholen und dabei sehr intime Fragen beantworten. Diese Gutachten kosten mehr als 1.000 Euro und das Verfahren dauert Monate. Entscheiden muss dann ein Gericht. Das Bundesverfassungsgericht hatte Teile dieses Gesetzes mehrfach als verfassungswidrig eingestuft.

Was beinhaltet der Entwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz?

Künftig soll jede volljährige Person die Geschlechtsidentität im Pass frei wählen können und selbst zwischen den Einträgen „männlich“, „weiblich“, „divers“ oder „ohne Angabe“ entscheiden. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Entscheidung auf einer empfundenen Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht (Transsexualität), auf biologisch uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen (Intersexualität) oder auf einem fehlenden Zugehörigkeitsgefühl zu beiden Geschlechtern (nichtbinäre Sexualität) beruht.

Zur unbürokratischen Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen soll eine „Erklärung mit Eigenversicherung“ ausreichen. Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen soll drei Monate vor der Erklärung gegenüber dem Standesamt angemeldet werden. In dieser Zeit hat die betroffene Person die Möglichkeit, die Änderung zu widerrufen. Die Entscheidung kann dann frühestens nach einem Jahr erneut geändert werden. Es geht bei der Reform nicht um geschlechtsangleichende Operationen

Welche Reglungen sollen künftig für Minderjährige gelten?

Junge Menschen, die noch nicht volljährig sind, aber das 14. Lebensjahr vollendet haben, können die Erklärung laut Entwurf selbst abgeben, brauchen aber die Zustimmung der Sorgeberechtigten. Im Konfliktfall soll die Zustimmung durch das Familiengericht ersetzt werden können. Maßstab dabei soll – wie im Familienrecht allgemein – das Kindeswohl sein. Bei jungen Menschen unter 14 Jahren können nur die Eltern oder andere gesetzliche Vertreter die Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen einreichen. Eltern soll zudem die Eintragung „Elternteil“ anstelle von „Vater“ oder „Mutter“ in der Geburtsurkunde ihrer Kinder ermöglicht werden.

Gibt es Ausnahmen?

Männer können ihren Geschlechtseintrag nicht ändern, wenn dies offenkundig in Zusammenhang mit einer drohenden Einberufung für einen Verteidigungsfall steht. Das Selbstbestimmungsgesetz soll nichts am privaten Hausrecht und der Vertragsfreiheit ändern. Damit können etwa Betreiber von geschützten Räumen wie Frauenhäusern, Fitnessstudios oder Saunen im Zweifelsfall entscheiden, wer Zutritt hat. Auch die Autonomie des Sports soll durch das Gesetz nicht angetastet werden. Auch für Asylsuchende gibt es Ausnahmen. Sie können eine Anpassung ihres Geschlechtseintrags nur dann beantragen, wenn ihr Aufenthaltstitel nicht innerhalb der folgenden zwei Monate ausläuft.

Was passiert, wenn Namensänderungen von der Umgebung bewusst nicht akzeptiert werden?

Um Personen vor einem Zwangsouting zu schützen, soll es auch künftig verboten sein, frühere Geschlechtseinträge oder Vornamen auszuforschen und zu offenbaren. Wird eine Person dadurch absichtlich geschädigt, kann ein Bußgeld verhängt werden. Allerdings soll sich niemand durch Änderung des Geschlechtseintrags und seines Vornamens der Strafverfolgung entziehen können. Deshalb wird Sicherheitsbehörden ermöglicht, die Identität von Personen nachzuverfolgen.

Wie geht das Gesetzesverfahren weiter?

Das Gesetz geht noch an den Bundesrat, eine Zustimmung der Länderkammer ist bei dem Gesetz nicht notwendig. Es kann dann in Kraft treten, wenn es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht ist und eine Frist von zwei Wochen verstrichen ist.

Was sagen Experten?

Experten und Expertinnen sind uneins über die Auswirkungen des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes. Bei einer Anhörung von Sachverständigen im Bundestag plädierten einige Experten dafür, dass es für Jugendliche unbedingt ein verpflichtendes Beratungsgespräch geben müsse, bevor sie ihren Geschlechtseintrag ändern. Dagegen gingen anderen Sachverständigen die Regelungen in dem geplanten Gesetz nicht weit genug.