Warum der Klimawandel den Frieden bedroht

Auf ihrer Jahrestagung debattiert die evangelische Kirche über Friedensethik. Die Kirche hält am Primat der Gewaltfreiheit fest. Als einen der größten Konfliktherde sieht sie den Klimawandel.

Die Synode der EKD tagt in Dresden
Die Synode der EKD tagt in DresdenHeike Lyding / epd

Dresden. Klimawandel – aus Sicht der evangelischen Kirche ist er eine aktuelle Bedrohung für den Frieden. Die Debatte über Friedensethik steht im Zentrum der Jahrestagung des deutschen Protestantismus in Dresden. Und die Frage der Klimagerechtigkeit hat die Kirche als eine der zentralen Konfliktursachen ausgemacht.

Nach einer Prognose der Weltbank könnten bis zu 140 Millionen Menschen in Südamerika, Südasien und Subsahara-Afrika zu Binnenmigranten werden, weil ihre Heimatregionen unbewohnbar werden. Die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung – dreieinhalb Milliarden Menschen – seien für nur zehn Prozent des weltweiten Ausstoßes klimaschädlicher Treibhausgase verantwortlich, sagte Kira Vinke vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und bezog sich dabei auf eine Statistik der Entwicklungshilfeorganisation Oxfam. Die reichsten zehn Prozent der Menschen auf der Erde hingegen verursachten die Hälfte der CO2-Emissionen. Während die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung nur gering zum weltweiten CO2-Ausstoß beiträgt, ist sie aber schon jetzt überproportional von Klimaschäden wie Dürrekatastrophen, Überflutungen und Luftverschmutzung betroffen.

An der Seite der Schwachen

Spricht die Kirche heute über Klimawandel und Nachhaltigkeit, geht es ihr nicht allein um die Bewahrung der Schöpfung, es geht – und das wird in Dresden deutlich – um eine neue friedensethische Herausforderung. Der Klimawandel gehöre in der Tat zu den neuen Konfliktkonstellationen, sagte der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande der Synode. „Er ist nicht nur ein Umweltproblem, sondern zugleich ein Friedensproblem. Das ist die dramatischste Einsicht der Diskussion bei dieser Synode.“

Friedensethik ist seit jeher ein Thema der Kirche. „Christus drängt uns auf die Seite der Opfer“, sagte der badische Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh in einem theologischen Vortrag. Die Kirche kämpft an der Seite der Schwachen und setzt sich für die Wahrung ihrer Menschenrechte ein.

Die Klimaforscherin Kira Vinke Foto: Heike Lyding / epd
Die Klimaforscherin Kira Vinke Foto: Heike Lyding / epd

Wie sie das tun soll, hat die EKD bereits in ihrer friedensethischen Denkschrift im Jahr 2007 dargelegt. „Es gibt keine neuen Grundsatzüberlegungen zur Friedensethik“, sagt Wolfgang Huber. Er war 2007 Ratsvorsitzender, als die Denkschrift veröffentlicht wurde. „Dass zur Wahrung und Wiederherstellung des Rechts unter Umständen auch der Einsatz militärischer Gewalt ethisch legitimierbar ist, diese Klärung ist bereits in der Denkschrift 2007 erfolgt“, erläutert der Theologe. Der Grundsatz, militärische Mittel nur als Ultima Ratio einzusetzen, und der Primat der friedlichen Konfliktlösung sind weiterhin gültig. Darin unterscheidet sich die Position der Kirche von einem radikalen Pazifismus und trägt stärker den Charakter eines „Verantwortungspazifismus“, wie es Huber bezeichnet hat.

Die Frage, wann die Weltgemeinschaft in Konflikte militärisch eingreift, war immer wieder ein innerkirchlicher Streitpunkt. Dass es dafür moralische Argumente geben kann, machte der amtierende EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm am Beispiel Ruanda deutlich. Nach seinen Besuchen in dem zentralafrikanischen Land habe er seine Einschätzung konsolidiert. Die Weigerung der UN-Verantwortlichen, den in Ruanda anwesenden UN-Soldaten zum Schutz der Menschen auch den Einsatz von Waffengewalt zu erlauben, sei im Nachhinein betrachtet „ein klares moralisches Versagen“ gewesen, sagte Bedford-Strohm vor der Synode.

„Du sollst nicht töten lassen“

Zur Seenotrettung wiederholte er auch bei dieser Synode den Satz: „Man lässt keinen Menschen ertrinken.“ Genauso gilt nach den Worten Hubers aber mit Blick auf die Genozide in Ruanda und Srebrenica: „Das Gebot, du sollst nicht töten, schließt das Gebot ein, du sollst nicht töten lassen.“

Gegner militärischen Eingreifens verweisen oft auf die enttäuschende Bilanz militärischer Einsätze, die erklärtermaßen mit dem Ziel der Beendigung von Menschenrechtsverletzungen geführt wurden. So steht es auch in einem Kundgebungsentwurf für Gerechtigkeit und Frieden, der am Mittwoch auf der Synode verabschiedet werden soll. Zum Thema Klimawandel dürfte es bis dahin noch die ein oder andere Änderung am Entwurfstext geben. (epd)

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