Viel Kritik an Lauterbachs Plänen für ambulante Versorgung

Parallel zur Krankenhausreform will Karl Lauterbach auch die ambulante Versorgung reformieren. Die Kassen sind sauer, weil der Minister nicht die Steuerzahler, sondern die Beitragszahler belasten will.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will – parallel zur Krankenhausreform – auch die hausärztliche Versorgung in Deutschland entlasten. Der Verband der Hausärztinnen und Hausärzte begrüßte den am Dienstag bekanntgewordenen Referentenentwurf des Gesundheitsministeriums grundsätzlich. „Dieser Entwurf zeigt, dass der Bundesgesundheitsminister die sich verschärfende Krise der Hausarztpraxen wie auch ihre gravierenden Auswirkungen für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung erkannt hat und entsprechend handeln will.“

Krankenkassen kritisierten die Pläne dagegen scharf. Die Reformvorhaben sollten erneut von den Beitragszahlern der Gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden, obwohl sie Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge beträfen. Der Verband Privater Krankenkassen sprach von teilweise verfassungswidrigen Vorschlägen.

Widerspruch kam auch aus der FDP, die insbesondere die geplante Finanzierung der Gesundheitskioske durch die gesetzlichen Krankenkassen ablehnt. „Eine zusätzliche Belastung der Beitragszahler und Beitragszahlerinnen lehnen wir entschieden ab“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Andrew Ullmann, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Durch die Kioske würden außerdem Doppelstrukturen geschaffen.

Lauterbachs Pläne für ein sogenanntes Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz sehen unter anderem die flächendeckende Errichtung von mehr als 200 Gesundheitskiosken und einen Förderfonds für neue Medizinstudienplätze aus Mitteln des Gesundheitsfonds vor. Geplant ist außerdem eine „Vorhaltepauschale“, wenn Hausärztinnen und Hausärzte bestimmte Kriterien erfüllen – beispielsweise bei Haus- und Pflegeheimbesuchen oder bei den Praxisöffnungszeiten.

Zuvor hatte Lauterbach im Rahmen der geplanten Krankenhausreform auch einen 50 Milliarden Euro umfassenden Transformationsfonds ins Spiel gebracht, der zur Hälfte von den Kassen bezahlt werden soll.

Wie schon zuvor bei den Kinderärzten sollen auch bei den Hausärzten künftig Obergrenzen für die Vergütung (Budgets) wegfallen. Zudem soll eine jährliche „Versorgungspauschale“ für die Behandlung chronisch Kranker eingeführt werden, die ständig Medikamente bekommen.

„Die Politik der einseitigen Belastung muss ein Ende haben. Wir brauchen ein echtes Versorgungsstärkungsgesetz und kein weiteres Beitragszahlerbelastungsgesetz“, erklärte die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen, Ulrike Elsner. Lauterbachs Vorgehen sei inakzeptabel.

Heftige Kritik kam auch vom AOK-Bundesverband. Das Gesetz sei ein „bunter Gemischtwarenladen“, der keine überzeugenden Lösungen für eine bessere ambulante Versorgung liefere, erklärte die Vorstandsvorsitzende Carola Reimann. „Anstatt also die ambulante Versorgung der Menschen strukturell zu verbessern, werden die Einkommen der Ärzteschaft optimiert.“

Auch Reimann warf Lauterbach vor, staatliche Aufgaben und Finanzverantwortlichkeiten systematisch weiter in Richtung der gesetzlichen Kassen zu verschieben. So sollten die Beitragszahlenden künftig auch noch für die Finanzierung von Medizin-Studienplätzen geradestehen.

Auch der Verband der Privaten Krankenversicherung kritisierte die Pläne. „Der Gesetzentwurf schafft mit den Gesundheitskiosken teure Doppelstrukturen. Damit werden die Beitragszahler der Krankenversicherung zusätzlich und womöglich verfassungswidrig belastet“, erklärte Direktor Florian Reuther. Denn die Kioske erbrächten weitgehend Aufgaben der örtlichen Daseinsvorsorge durch die Kommunen. „Die Leistungen der Kioske sind versicherungsfremd.“

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, es sei zweifelhaft, ob die jährliche Versorgungspauschale für chronisch kranke Menschen zu einer tatsächlichen Abnahme der Arztbesuche führe. „Schließlich leiden diese Patienten an unterschiedlichsten Symptomen. Öfter im Jahr den ärztlichen Rat einzuholen, liegt somit auf der Hand“, sagte Vorstand Eugen Brysch. Wenn Lauterbach auf die Erreichbarkeit der niedergelassenen Ärzte per Telefon oder E-Mail setze, sei das zu begrüßen. „Doch genau hier hapert es im Alltag. Denn niemand überprüft heute die Erreichbarkeit der Praxen.“