Umstrittene Symbol-Politik

In Bayern sollen Kreuze in Behörden die kulturelle Prägung des Freistaates dokumentieren. Überwiegend kritische Reaktionen. Kirchen zwischen Zustimmung und Skepsis

München/KÖLN – Die bayerische Anordnung zum Aufhängen von Kreuzen in allen Landesbehörden hat eine Debatte um das Verhältnis von Religion und Staat ausgelöst. Religionsexperten von SPD, Grünen, FDP und Linke sehen durch die Kreuz-Pflicht die Neutralitätspflicht des Staates in Gefahr. Die AfD begrüßte den Vorstoß. Kirchenvertreter warnten davor, das Kreuz für politische Zwecke zu missbrauchen.

Das bayerische Kabinett hatte beschlossen, im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes im Freistaat sei ab dem 1. Juni als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns deutlich wahrnehmbar ein Kreuz als „sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Bayern und Deutschland“ anzubringen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte, das Kreuz sei grundlegendes Symbol „unserer bayerischen Identität und Lebensart“.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, kritisiert die Anordnung. „Wenn das Kreuz nur als kulturelles Symbol gesehen wird, hat man es nicht verstanden“, so der Erzbischof von München und Freising in der „Süddeutschen Zeitung“. „Dann würde das Kreuz im Namen des Staates enteignet.“ Das Kreuz könne man nicht haben ohne den Mann, der daran gehangen habe. Es sei „ein Zeichen des Widerspruchs gegen Gewalt, Ungerechtigkeit, Sünde und Tod, aber kein Zeichen gegen andere Menschen.“ 

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) indes verteidigte die Pläne in Bayern. ZdK-Präsident Thomas Sternberg sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“, das Kreuz betone den Stellenwert von Religionen und bedeute keinesfalls Ausgrenzung. Auch der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm begrüßte die Anordnung, warnte aber zugleich davor, das Kreuz für politische Zwecke zu missbrauchen.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt warf Söder im „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor, das christliche Symbol durch „plumpes Wahlkampfgetöse“ zu missbrauchen. „Das Kreuz ist keine heimelige Wand-Deko. Es ist das wichtigste christliche Zeichen, es steht für das Leiden Jesu Christi und die Erlösung“, so Göring-Eckardt, die von 2009 bis 2013 Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war. 

Der Göttinger Kirchenrechtler Hans Michael Heinig sagte, evident verfassungswidrig sei die Anordnung  zwar nicht, sie berühre aber die Verpflichtung des Staates zur religiös-weltanschaulichen Neutra­lität und stelle daher „einen heiklen Grenzfall“ dar. Zudem sieht Heinig darin einen Versuch, eine Religion zu vereinnahmen.    

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag der „Bild am Sonntag“ zufolge wollen 64 Prozent der Befragten nicht, dass in jeder staatlichen Behörde in Deutschland ein christliches Kreuz aufgehängt wird. Dafür sprachen sich 29 Prozent aus; sieben Prozent waren sich unsicher oder machten keine Angabe.     epd/KNA/UK