Sprachverein wegen Treffen mit Rechtsextremen unter Druck

Mit Silke Schröder war ein Vorstandsmitglied des Vereins Deutsche Sprache bei dem Treffen von AfD-Vertretern und Neonazis. Ist die Immobilien-Unternehmerin noch tragbar?

Jedes Jahr im Sommer kürt er den „Sprachpanscher des Jahres“: Der Verein Deutsche Sprache (VDS) ist lautstark und hat viele prominente Unterstützer. Seit 1997 hat sich die in Dortmund ansässige Initiative dem Ziel verschrieben, die deutsche Sprache zu bewahren. „Die deutsche Sprache ist derzeit zwei lebensbedrohenden Attacken ausgesetzt“, heißt es auf der Homepage. Gemeint sind die im Zuge der Globalisierung ausgelöste Verdrängung des Deutschen durch die englische Sprache und das Gendern.

Kampf um die Reinheit der deutschen Sprache: Ist das ein ehrenwertes Anliegen, zumal auch Frankreich der Förderung seiner Sprache hohe Priorität einräumt? Oder verbirgt sich dahinter eine reaktionäre Agenda?

Diese Frage stellt sich spätestens, seit bekannt geworden ist, dass das Vorstandsmitglied Silke Schröder laut Medienberichten im November an einem rechtsextremen Vernetzungstreffen teilgenommen hat, bei dem auch über eine als „Remigration“ bezeichnete Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland gesprochen wurde. Zugleich berichtete der Deutschlandfunk am Wochenende, dass die Immobilien-Unternehmerin auf mehreren rechten oder rechtsradikalen Medienplattformen unterwegs ist.

Der Verein steht unter Druck. In den nächsten Tagen will er über den Umgang mit Schröder beraten. Der Philosoph Peter Sloterdijk verkündete seinen Austritt. Andere Prominente forderten eine klare Distanzierung und Trennung von Schröder. Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), er sei zwar kein Vereinsmitglied, sympathisiere aber mit dem Anliegen des VDS, die deutsche Sprache zu schützen. Deshalb müsse der Verein alles tun, um nicht in den Verdacht zu geraten, dass er eine reaktionär-nationalistische Richtung verfolge.

Fest steht: Der VDS bedient sich einer scharfen und von Schwarz-Weiß-Denken geprägten Sprache, die bisweilen in Richtung Verschwörungstheorien geht: „Durch die Gendersprache setzt eine kleine, aber in den Spitzen von Politik und Verwaltung bestens verankerte und vernetzte Clique von angeblich für Frauenrechte eintretenden Ideologen in selbstherrlicher Weise bewährte Regeln der deutschen Grammatik außer Kraft“, heißt es beispielsweise.

Das missionarische Engagement für eine angebliche Reinheit der deutschen Sprache geht so weit, dass Vereinsgründer Walter Krämer 2021 aus der katholischen Kirche austrat. Der frühere Dortmunder Statistikprofessor begründete seinen Austritt unter anderem mit einer Handreichung des Bistums Hildesheims für geschlechtersensible Sprache.

Die Liste der vom VDS gekürten Sprachpanscher ist prominent besetzt – und reicht von der Evangelischen Kirche über die Deutsche Bahn bis zu ZDF-Intendanten und dem Deutschen Fußball-Bund. Zuletzt erhielt Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) die Negativauszeichnung, weil sie „künftig in deutschen Behörden Englisch als Verwaltungssprache einführen“ wolle. 2021 wurde EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Sprachpanscherin ernannt: Sie hätte die Verpflichtung, auch in Brüssel mehr Deutsch zu reden, so die Begründung.

Lieblingsgegner des Vereins ist der Duden. Krämer schimpft über die „große Hure Duden“, die gedankenlos Anglizismen aufnehme und sie damit gesellschaftsfähig mache. Dieses „einstmals respektierte Nachschlagewerk“ sei zum „billigen Handlanger von Modefuzzis und Amitümlern aller Art verkommen“, bemängelte der Dortmunder Statistikprofessor. Und verwies auf englischstämmige Begriffe wie downloaden oder upgraden, Jobhopping, Eyecatcher, Moonboots und Sunblocker.

Unter Sprachwissenschaftlern ist der VDS wegen seines missionarischen Kampfes umstritten. Henning Lobin, Direktor des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache, schreibt in einem 2021 erschienenen Buch, dass rechte Gruppierungen wie die AfD die vermeintliche Reinheit der deutschen Sprache als Hebel zur Mobilisierung für ihre Politik entdeckt hätten. Sie instrumentalisierten den Sprachkampf, um in die (kultur-)bürgerliche Mitte der Wähler vorzudringen.