Sorge wegen Vereinigung Dava – Chef: Türkei nicht im Vordergrund

Kritiker sehen in der neuen Vereinigung einen Ableger der AKP-Partei des türkischen Präsidenten. Und eine Gefahr für die Integration. Der Dava-Chef hält dagegen – und stellt inhaltliche Ideen seiner Allianz vor.

Die von Türkeistämmigen gegründete „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ (Dava) sorgt weiter für Debatten. Spitzenpolitiker warnen vor der Etablierung des mutmaßlichen Ablegers der türkischen Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan in Deutschland. Deren Chef weist das zurück.

„Der Versuch, eine Partei für eine ethnische Gruppe zu etablieren, ist sehr, sehr gefährlich“, sagte Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, dem Tagesspiegel (Freitag). Die im Januar gegründete politische Vereinigung Dava will bei der Europawahl im Juni antreten und erwägt dies für die Bundestagswahl 2025.

„Bei der Dava-Gruppierung geht es nur auf den ersten Blick darum, die Interessen von Menschen mit türkischen Wurzeln zu vertreten“, sagte Roth. „In Wahrheit will Dava Erdogan-Politik in Deutschland und Europa machen. Seine autoritäre Ideologie gefährdet damit den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland.“ Deutschen mit türkischem Hintergrund erweise man damit einen Bärendienst. „Die Vorstellungen Erdogans „sind mit unserem Verständnis von Demokratie und unserem Grundgesetz nicht zu vereinbaren“.

Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sieht in der Dava eine Lobby-Gruppe Erdogans. „Dava birgt als AKP-Ableger die Gefahr, verlängerter Arm des nationalistischen, islamistischen und antisemitischen Regimes von Erdogan in Deutschland und in der EU zu werden. Das darf nicht sein“, sagte er der Zeitung. Dava müsse „streng beobachtet werden und der Rechtsstaat muss hier sehr wachsam sein“.

Dava-Gründungsmitglieder sollen früher entweder direkt für die AKP oder für ihre Vorfeldorganisationen gearbeitet haben, betonte Djir-Sarai. „Allein vor diesem Hintergrund sind die Beteuerungen, dass Dava nichts mit der AKP zu tun zu habe, extrem unglaubwürdig.“

Die Beschäftigung mit der Türkei steht nach Angaben von Dava-Chef Mehmet Teyfik Özcan nicht im Vordergrund der politischen Ausrichtung. Wichtig sei vielmehr, Deutschland moderner zu gestalten und für eine bessere Bildungspolitik zu sorgen, sagte er der „Rheinischen Post“ (Freitag). „Unsere klare Forderung ist: Alle, die fünf Jahre alt sind, müssen in die Grundschule gehen.“ Deutschland könne international nur konkurrenzfähig bleiben, „wenn wir die klügsten Köpfe hervorbringen.“

Özcan erklärte, Dava würde mit „allen Parteien zusammenarbeiten, die auf dem Boden des deutschen Grundgesetzes stehen und keine radikalen Ansichten vertreten“. Die AfD und die Linke gehörten nicht dazu.

Der Politik- und Religionswissenschaftler Hüseyin Cicek dagegen warnte, das neue Projekt könne mit dem demokratischen System kollidieren. „Von dem, was man bis jetzt mitbekommt, bin ich eher der Meinung, dass Dava die Leitplanken des liberal-freiheitlichen Verfassungsstaates durchbrechen möchte.“