Schuldbekenntnis der Nordkirche zum sexuellen Missbrauch

Auch die Evangelische Kirche hat laut einer Studie Missbrauchstaten vertuscht und Täter geschützt. Anlass für ein Schuldbekenntnis zum Auftakt der Landessynode der Evangelischen Nordkirche.

Mit einem Schuldbekenntnis hat am Donnerstag die Landessynode der Evangelischen Nordkirche begonnen. In einem Gottesdienst in Lübeck-Travemünde beklagten die Präses der Synode, Ulrike Hillmann, und die Schleswiger Bischöfin Nora Steen den sexuellen Missbrauch in ihrer Kirche. „In unserer Gemeinschaft wurden und werden Menschen missbraucht“, sagte Hillmann. „Über viele Jahre und Jahrzehnte – in einer Kirche, die für Freiheit und für die Gottebenbildlichkeit aller steht.“ Und die Schleswiger Bischöfin Nora Steen ergänzte: „Wir haben Täter geschützt, indem wir die Institution bewahren wollten. Wir waren nicht aufmerksam genug, haben nicht zugehört und haben nicht gehandelt, wenn wir auch nur leise Ahnungen hatten, dass da was sein könnte.“

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt kündigte Konsequenzen an, die die Nordkirche aus der im Januar vorgestellten Missbrauchsstudie für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ziehen wolle. „Die Beschlüsse des EKD-Beteiligungsforums, in dem Betroffene mit Kirchenvertretern zusammenarbeiten, und die Ergebnisse der Beratungen dort werden auch für uns als Nordkirche handlungsleitend sein“, sagte die Landesbischöfin.

„Es geht darum, das Verhältnis von einerseits Nähe, Vertrauen und Gemeinschaft sowie andererseits Transparenz, klarer Übernahme von Verantwortung und Sensibilität für Grenzverletzungen präziser zu bestimmen“, so Kühnbaum-Schmidt. Wenn ein Missbrauchsfall bekannt werde, müsse künftig „regelhaft“ die Möglichkeit weiterer betroffener Personen in Betracht gezogen werden. Die Nordkirche fange bei der Aufarbeitung des Missbrauchs aber nicht bei null an. Heute seien mehr als 30 Mitarbeitende mit dem Thema Missbrauch beschäftigt.

Der scheidende Präventionsbeauftragte der Nordkirche, Rainer Kluck, forderte ein Pflichtenheft zur Aufarbeitung und Prävention. Zwar habe die Nordkirche in den vergangenen Jahren in Sachen Prävention viele Fortschritte erzielt. So hätten mittlerweile mehr als drei Viertel der Pastoren an Fortbildungen teilgenommen. Auch seien manche Gemeinden und Kirchenkreise bei ihren Schutzkonzepten vorangekommen. Kluck hob aber auch hervor: „Anderswo werden auch die Lücken deutlich – und diese Lücken sind die Einfallstore, die wir schließen müssen.“