Regierungskommission schlägt Liberalisierung von Abtreibung vor

Das Gremium empfiehlt eine Liberalisierung der Abtreibungsregeln: Die aktuellen Regelungen im Strafgesetzbuch hielten einer „verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Prüfung“ nicht stand.

Auch hier in München wird für das Recht der Frauen auf Abtreibung demonstriert (Bild vom 13. April 2024)
Auch hier in München wird für das Recht der Frauen auf Abtreibung demonstriert (Bild vom 13. April 2024)Imago / Moritz Schlenk

Eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission empfiehlt, Abtreibungen in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen grundsätzlich zu erlauben. Eine grundsätzliche Rechtswidrigkeit der Abtreibung in der Frühphase der Schwangerschaft sei nicht haltbar, erklärte die Juristin Liane Wörner, die die entsprechende Arbeitsgruppe innerhalb der Kommission leitete, bei der Vorstellung der Empfehlungen in Berlin. Die aktuellen Regelungen im Strafgesetzbuch hielten einer „verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung“ nicht Stand.

Eine Abtreibung ist derzeit in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig. Sie bleibt jedoch straffrei, wenn sie in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die schwangere Frau sich zuvor beraten lassen; zwischen Beratung und Abbruch müssen mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist ein Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.

Abtreibung in den ersten 12 Wochen soll straffrei sein

Die Kommission unterteilt die Schwangerschaft in drei Phasen: Demnach empfiehlt das Gremium, eine Abtreibung in der Frühphase, den ersten 12 Wochen, in jedem Fall straffrei zu stellen und als rechtmäßig zu kennzeichnen. Es obliege dem Gesetzgeber, das mit einer Beratungspflicht zu verbinden. In der mittleren Phase, bis zur 22. Woche, könne der Gesetzgeber entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Abbruch straffrei sein solle. Ab der 22. Woche sei der Abbruch rechtswidrig. Bei medizinischer oder kriminologischer Indikation müsse es zudem weiterhin Ausnahmen geben, auch in späteren Phasen der Schwangerschaft.

Die Mitglieder der Kommission empfehlen dem Gesetzgeber zudem, die Eizellspende zuzulassen. Eine gesetzliche Grundlage müsse dann darauf beruhen, dass der notwendige Schutz der Spenderinnen und das Kindeswohl gewährleistet würden, sagte die zuständige Sprecherin der Arbeitsgruppe, Claudia Wiesemann.

Ausbeutung der Leihmutter muss verhindert werden

Beim Thema Leihmutterschaft tut sich die Kommission deutlich schwerer. Ein weiteres Verbot sei nachvollziehbar, sagte die zuständige Sprecherin, die Mainzer Juristin Friederike Wapler. Eine Legalisierung sei aber unter engen rechtlichen Voraussetzungen möglich. Zentral wäre dann, dass eine Ausbeutung der Leihmutter rechtlich verhindert werde.

Auch die Vermittlung der Leihmütter müsse uneigennützig und daher nicht-kommerziell organisiert werden. Voraussetzung sei, dass Eltern und Leihmutter sich zum Beispiel durch ein familiäres Verhältnis kennen oder eine Vereinbarung treffen, dass eine Beziehung zwischen beiden Parteien noch über die Geburt hinaus bestehe. Zudem solle eine Leihmutter eine „angemessene Aufwandsentschädigung“ erhalten.

Kritik von der Union

Widerstand gegen eine Änderung der jetzigen Rechtslage kommt aus der Union. Es gebe auch heute die Möglichkeit, straffrei abtreiben zu können, sagte Dorothee Bär (CSU) dem Sender ntv. Es gehe auch darum, das ungeborene Leben zu schützen. Auch die aus einer katholischen Laienbewegung entstandene Beratung „Donum Vitae“ lehnte die Empfehlungen der Kommission ab. Die geltende Regelung schaffe einen Ausgleich zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Lebensrecht des Ungeborenen, erklärte der Vorsitzende des Bundesverbands, Olaf Tyllack.

Die von der Bundesregierung vor einem Jahr eingesetzte Kommission legt Empfehlungen vor. Sie übergibt sie heute Mittag der Bundesregierung, die Regierung entscheidet dann, ob sie entsprechende Gesetzesentwürfe erarbeiten will.