Reden statt schlagen

Präses Kurschus: Durch Dialog aus Feinden Gegner machen

SCHWERTE – Die westfälische Präses Annette Kurschus hat nach der Gewalt beim G20-Gipfel zu gesellschaftlichen Debatten auch über emotional aufgeheizte Themen aufgerufen. „Wir haben gerade in Hamburg gesehen, was geschieht, wenn Menschen jegliches Gespräch verweigern und stattdessen auf dumpfe Gewalt setzen“, sagte die Theologin auf dem Jahresempfang der Evangelischen Kirche von Westfalen in Schwerte. Die Fähigkeit zum Diskurs und zum Konflikt müsse geübt, gepflegt, bewahrt und auch eingefordert werden.
Es sei die Chance und Aufgabe politischer und zivilgesellschaftlicher Debatten, „aus Feinden Gegner zu machen“, sagte die leitende Theologin der viertgrößten deutschen Landeskirche, die auch stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Menschen müssten miteinander reden und einander zuhören können, statt einander zu bekämpfen, zu beschimpfen oder zu „beschweigen“. Dies gelte auch für das Thema Migration und die Positionen rechtspopulistischer Strömungen und Parteien.
Die westfälische Kirche habe daher „sehr bewusst und sehr selbstverständlich alle demokratisch gewählten Parlamentarier aus sämtlichen Parteien“ zu ihrem Empfang eingeladen, sagte Kurschus. Eingeladen waren auch die Abgeordneten der AfD, die seit der nordrhein-westfälischen Landtagswahl im Mai erstmals im Düsseldorfer Landtag vertreten ist.
Mit Entschiedenheit wies Kurschus Forderungen zurück, die Kirche solle sich aus der Politik heraushalten. Das Evangelium spreche mitten hinein in die ganze Wirklichkeit und damit auch in politische Fragen, betonte sie vor Vertretern von Parteien, Kirche und Gesellschaft. Die Kirche habe den Auftrag, „nicht nur mit Kitt und Kehrschaufel durch den gesellschaftlichen Porzellanladen zu laufen, sondern sie wird, wo es sein muss, einen Elefanten auch einen Elefanten nennen“.
Zwar hätten die Christen keinerlei Monopol auf die richtige oder wertvollere Meinung, sagte Kurschus. Sie hätten aber „die Aufgabe, Gottes Fülle und Gerechtigkeit, seine Liebe zu den Menschen und seine Leidenschaft für die ganze Wirklichkeit des Lebens und des Miteinanders zur Sprache zu bringen“, betonte die Präses und kündigte an: „Davon werden wir nicht ablassen.“ Zugleich dürften Menschen nicht verunglimpft oder gar der Glaube anderer Menschen „mit einer Art theologisch-religiösem Bannstrahl“ belegt werden. epd