Partnerschaften, nicht Patenschaften

Als der Bohrer in 50 Metern Tiefe abbrach, war das für Andrea Alleker-Fendel ein Tiefpunkt. Ihr Verein hatte Geld gesammelt, um einen Brunnen für eine Schule in Ostafrika zu bohren. „Der Brunnen konnte nun nicht gebaut werden, und das Geld war weg“, erinnert sie sich. Doch ans Aufhören habe sie nicht gedacht. Die vielen schönen Momente ihrer Arbeit hätten sie mehr als entschädigt.

Alleker-Fendel ist Vorsitzende von „Probono – Schulpartnerschaften für Eine Welt“. Vor 20 Jahren, am 8. Mai 2004, gründete sie den Verein mit Sitz in Frankfurt am Main. Er vermittelt Partnerschaften von Schulen aus ganz Deutschland mit Schulen in Uganda und Tansania. Auch eine Schule im südlichen Kenia ist dabei. „Partnerschaften, nicht Patenschaften“, betont Alleker-Fendel. Es sei wichtig, dass beide Seiten dazu beitrügen, und nicht nur einfach Geld in eine Richtung fließe.

Wobei bei Probono natürlich auch Geld fließt. Es kommt zum Teil aus öffentlichen Mitteln, etwa vom Bundesentwicklungshilfeministerium oder vom Land Hessen. Ein anderer Teil stammt aus Stiftungen und Spenden. Es sei aber auch wichtig, sagt Alleker-Fendel, dass die Schulen in Afrika selbst einen finanziellen Beitrag leisteten. Das stärke das Verantwortungsgefühl.

Mit dem Geld fördert Probono beispielsweise den Austausch zwischen Schülerinnen und Schülern hier und dort. An deutschen Schulen entstehen so Tansania- oder Uganda-AGs, in Ostafrika German Clubs. Brieffreundschaften entstehen. Höhepunkte sind gegenseitige Besuche mit gemeinsamen Projekten.

Ganz wichtig dabei sei Augenhöhe – und die zu erreichen sei nicht immer leicht, räumt Alleker-Fendel ein. Geld oder Zugang zu Informationen sind zwischen Deutschland und Ostafrika nun einmal ungleich verteilt. Mit der klugen Wahl eines Projektthemas könne man aber Augenhöhe durchaus erreichen. Religion oder Umweltschutz seien beispielsweise Themen, zu denen beide Seiten viel beitragen könnten.

Neben dem kontinentübergreifenden Austausch fördert Probono auch Schulen in Ostafrika direkt und investiert in deren Infrastruktur. Der Verein gibt Geld für neue Klassenzimmer, Labore, Büchereien, bessere Wasserversorgung oder Schlafsäle in Internatsschulen.

Eng verknüpft mit der Verbesserung der Infrastruktur der Schulen ist die Fortbildung für Lehrkräfte. Auch dafür gibt Probono Geld, denn das eine würde ohne das andere mitunter nicht viel Sinn ergeben. „Lehrkräfte sind dort oft nicht ausreichend qualifiziert, sowohl auf fachlicher als auch auf methodisch-didaktischer Ebene“, sagt Alleker-Fendel. Und das tollste Labor bringe nichts, wenn ein Lehrer mangels Kenntnissen nicht damit arbeiten könne. „Ein kluger Lehrer unterrichtet unter einem Baum besser als ein schlechter in einem modernen Klassenzimmer“, so die Vereinsvorsitzende.

Dabei geht es auch um bessere Unterrichtsmethoden. Denn nach Alleker-Fendels Angaben ist die Prügelstrafe in Ostafrika noch vielerorts üblich. Hier sollen Trainings den Lehrern pädagogische Kompetenzen vermitteln, damit sie nicht so schnell zum Rohrstock greifen.

Effekte dieser Trainings seien schon sichtbar, sagt Alleker-Fendel. Rückmeldungen von Lehrkräften seien positiv, und auch Schülerinnen und Schüler berichteten von weniger Prügel und von einem besseren Umgangston. „Aber so ein Bewusstseinswandel braucht Zeit“, sagt die Vereinsgründerin. Die komplett gewaltfreie Schule sei eher ein Fernziel. „Dieser Bewusstseinswandel hat bei uns ja auch sehr lange gebraucht.“

Nach der Schule stehen junge Menschen in Tansania oder Uganda selbst bei guter Bildung vor einem Problem: Es gibt nur wenige Arbeitsplätze. Im „Probono Entrepreneurship Program“ (PEP) lernen Schülerinnen und Schüler daher, wie sie selbst unternehmerisch tätig werden. Sie entwickeln Geschäftsideen, erstellen Marktanalysen und Businesspläne. Und sie gründen dann eigene Schülerfirmen – Catering-Services, Schneidereien oder Friseursalons, mit denen sie echtes Geld verdienen.

Das Engagement Probonos hat bereits Preise erhalten. Die tansanische Regierung zeichnete das PEP gleich zwei Mal aus, 2021 und 2022. Schon 2011 erhielt der Verein einen Preis von der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ beim Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“. Alleker-Fendel erhielt für ihr Engagement am 9. Februar das Bundesverdienstkreuz.