Ostdeutsches Bündnis wird für Demokratie-Einsatz ausgezeichnet

In der Uckermark wehrt sich ein Demokratie-Bündnis gegen die Übernahme eines Dorfes durch rechts-esoterische Gruppierungen. Dafür wird es am 23. Mai von der Innenministerin in Berlin ausgezeichnet.

Fast zwei Autostunden von Berlin entfernt, dicht an der Grenze zwischen Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, befindet sich das Dorf Rutenberg. Eine Mühle gibt es hier, eine Dorfkirche und als besondere Attraktion die Nähe zum Kronsee, der gern zum Angeln und Tauchen benutzt wird. Dass das Dorf Rutenberg seit einigen Monaten in den überregionalen Medien präsent ist, hat auch etwas mit Angeln und Tauchen zu – doch nicht im sportlichen Sinne.

Das Dorf steht im Visier von völkischen Siedlern, Reichsbürgern und einer rechts-esoterischen Organisation namens “Königreich Deutschland” (KRD), die 2012 von dem früheren Koch und Karatelehrer Peter Fitzek gegründet wurde. Die KRD betrachtet die Bundesrepublik nicht als legitimen Staat. Der Verfassungsschutz stuft das KRD als extremistisch ein. In Wittenberg hat sich Fitzek bereits zum “König von Deutschland” krönen lassen, im sächsischen Bärwalde besitzt die Organisation ein Schloss. Auch in Rutenberg würde Fitzek gern Fuß fassen, um mit hier veranstalteten Seminaren zum “Systemausstieg” weitere Interessierte zu angeln. Auch die Umwandlung von Rutenberg in ein sogenanntes “Gemeinwohldorf” mit eigener Währung würde dem “Königreich” gut ins Geschäftsmodell-System passen: ein abgelegenes Dorf – ideal zum Untertauchen.

Gegen diese unheimlichen Pläne läuft das “DemokratieBündnis Rutenberg” Sturm. Das Bündnis besteht aus über 50 Bürgern und Unterstützern aus Rutenberg, Lychen und Umgebung, die sich Anfang 2023 zusammengetan haben, um sich gegen die Übernahme des Dorfes durch Anhänger des KRD und völkische Siedler zu wehren. Sprecherin des Bündnisses ist Ines Lehmann-Günther, die sich neben ihrem Beruf als Lehrer-Ausbilderin und ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit bei den Grünen mit Leidenschaft für Rutenberg engagiert. “Wir wollen keine Ausbreitung antidemokratischer Bewegungen – weder Königreich noch Reichsbürger oder ähnliche Zusammenschlüsse”, sagt Lehmann-Günther der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bei der Begegnung mit ihr in Rutenberg.

Stolz zeigt sie auf die Schilder, welche einige Bewohner in ihren Gärten platziert haben: “Kein König, keine Reichsbürger bei uns in Rutenberg” oder “Fischreich statt Königreich”. “Auf solche Slogans kommen wir bei unseren regelmäßigen Treffen, und jeder soll das Recht haben, seinen Unmut über den rechten Übernahmeversuch kreativ auszudrücken.”

Tatsächlich sieht es das Bündnis als seine Aufgabe an, über die Bestrebungen der Demokratiegegner zu informieren und die freiheitlich-demokratische Grundordnung vor Ort zu verteidigen. So wie im vergangenen Herbst werde man auch im Superwahljahr 2024 ein “Demokratiefest” veranstalten und sich schon während der Sommermonate mit Aktionen zu Wort melden, sagt Lehmann-Günther. Möglich, dass das “Demokratiefest” auch in diesem Jahr wieder vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) gehört ebenfalls zu den Unterstützern.

Dass das Bündnis am 23. Mai in Berlin mit dem “Botschafterinnen und Botschafter für Demokratie und Toleranz”-Preis 2024 ausgezeichnet wird, freut Lehmann-Günther. “Dieser Preis ist für uns ein Ansporn, weiterhin eine starke demokratische Dorfgemeinschaft zu sein und uns vor antidemokratischen Organisationen und Siedlern mit antisemitischem und rassistischem Gedankengut zu schützen.”

Doch für diesen Schutz ist ein langer Atem notwendig. Mitten im Dorf befindet sich die “Naturscheune”, in der ungefähr zwölf Personen leben, deren Weltanschauung mindestens Berührungspunkte mit der von “König” Fitzek aufweist. Etwas außerhalb von Rutenberg ist der Sitz der “Anastasia”-Gemeinschaft, deren Weltbild ebenfalls Überschneidungen mit KRD und “Reichsbürgern” besitzt.

Das Botschafter-Preisgeld von 10.000 Euro investiert das DemokratieBündnis deshalb zusammen mit den 6.000 Euro, die es vor einem Jahr für die Auszeichnung “Machen!” für bürgerschaftliches Engagement in Ostdeutschland, verliehen vom Ostbeauftragten der Bundesregierung, erhalten hat, in ein kleines Informationszentrum im Ort – und andere Projekte, die die Dorfgemeinschaft stärken und zur Information der Öffentlichkeit beitragen sollen.