Nabu kürt „Planungsbeschleunigung“ zum „Dinosaurier des Jahres“

Der Negativpreis „Dinosaurier des Jahres“ des Naturschutzbundes (Nabu) geht 2023 an das Maßnahmenpaket zur „Planungsbeschleunigung“. Es sei zwar wichtig, Planungsverfahren zu beschleunigen, sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger am Mittwoch in Berlin. Aber bei den aktuellen Maßnahmen handele es sich um einen „Wettlauf um die Zerstörung von Landschaften“.

Die von der Bundesregierung und den Ländern im Rahmen des Deutschlandpaktes im Eiltempo entwickelten Richtlinien drohten die Naturkrise zu beschleunigen, obwohl der Verlust der natürlichen Vielfalt zu den größten Bedrohungen der Menschheit zähle, kritisierte Krüger. Mit der Begründung des „überragenden öffentlichen Interesses“ sollten so schneller klimaschädliche Infrastruktur, Autobahnen sowie Gewerbe- und Wohngebiete gebaut werden.

Laut Nabu ist es aber nicht die Rücksichtnahme auf die Natur, die eine schnellere Planung verhindert. „Es sind Menschen, ineffiziente Prozesse und überbordende Bürokratie bei gleichzeitigem Personalmangel. Es sind die Bundesländer, die nicht bereit sind, sich auf bundesweit einheitliche Standards zu einigen“, kritisierte Krüger. Wer darauf setze, Planungsprozesse zu beschleunigen, indem er nicht mehr so genau auf die Natur schaut, werde „langfristig verlieren“. Stattdessen müsse Ökonomie und Ökologie zusammengebracht werden. Mit markigen Sprüchen, blindem Aktionismus oder vergiftetem Populismus seien die großen Krisen nicht zu bewältigen.

Laut Krüger wird der Negativpreis stellvertretend und per Express an den derzeitigen Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz und hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) zugestellt. Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und der Bundeskanzler stellten sich einen Bauboom auf der grünen Wiese wie in den 1970ern vor, ohne Rücksicht auf Flora und Fauna, kritisierte er. Dabei assoziierten wohl die wenigsten Menschen mit diesem Baustil eine lebenswerte Umgebung.

Den Ruf von Wirtschaft und Politik nach schnelleren Baugenehmigungen, etwa für die dezentrale Energieversorgung und andere Infrastrukturprojekte, findet der Nabu verständlich. „In Windeseile aber LNG-Anlagen an den deutschen Küsten zu bauen und Bedenken hinsichtlich der damit verbundenen Eingriffe in sensible Meeresökosysteme per EU-Notverordnung vom Tisch zu wischen, ist eine Rechnung, die langfristig nicht aufgehen wird“, warnte Nabu-Präsident Krüger. Die damit einhergehende Naturzerstörung könne mit der Aufnahme von Schulden verglichen werden: „Irgendwann sind sie zu hoch und nicht mehr rückzahlbar.“

Seit 1993 zeichnete der Nabu mit dem „Dinosaurier des Jahres” zunächst Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus, die sich durch besonders rückschrittliches öffentliches Engagement in Sachen Natur- und Umweltschutz hervorgetan hatten. Seit 2020 prämiert der Umweltverband nicht mehr Personen, sondern die “Umweltsauerei des Jahres“. Im vergangenen Jahr erhielt das massenhafte Fischsterben in der Oder den Negativ-Preis.