Krankenkassen erwägen Klage gegen Lauterbachs Reformpläne

Die Reformpläne von Karl Lauterbach gehen aus Sicht der Krankenkassen zunehmend in die falsche Richtung. Sie drohen mit Klage, falls die Versicherten Kosten aufgebürdet bekommen, die die Steuerzahler übernehmen müssten.

Im Streit um die Krankenhausreform erwägen die Krankenkassen juristische Schritte gegen die Bundesregierung. Anlass sind Pläne, den Umbau der Krankenhauslandschaft auch mit Mitteln aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu finanzieren. „Es werden munter weiter Lasten auf die Gesetzliche Krankenversicherung verteilt“, kritisierte die Chefin des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner, im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ (Donnerstag).

„Die angedachte Finanzierung des Klinikumbaus ist etwas, was Beitragszahlerinnen und Beitragszahler über Jahre hinweg massiv belasten würde“, fügte sie hinzu. Auf die Frage, ob die Kassen erwögen, dagegen zu klagen, antwortete Elsner mit einem klaren „Ja“. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung habe eine verfassungsrechtliche Expertise bei der Staatsrechtlerin Dagmar Felix von der Universität Hamburg in Auftrag gegeben.

Der von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und den Ländern geplante Umbau der stationären Versorgung soll aus einem Transformationsfonds bezahlt werden, in den ab 2026 jedes Jahr unter anderem 2,5 Milliarden Euro aus Beitragsgeldern der Versicherten fließen sollen. Allein aufgrund der Gesetzgebung zur Krankenhausreform rechnet die Gesetzliche Krankenversicherung daher für die Jahre bis 2027 mit einer Erhöhung um 0,3 Beitragssatzpunkte.

Lauterbach will am Mittwoch bei einem Treffen in Berlin mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern über einen inzwischen vorgelegten Gesetzentwurf zur Krankenhausreform sprechen.

Ein wesentliches Ziel der Krankenhausreform ist es, die Behandlungsqualität der Patienten zu verbessern, indem nicht mehr jede Klinik alles machen darf, sondern die für eine Leistung notwendigen Mindeststrukturen vorgewiesen werden müssen. Nur dann erhält die Klinik auch eine entsprechende Leistungsgruppe und darf die Leistung abrechnen. Auch soll sich die Finanzierung der Krankenhäuser ändern, so dass die Kliniken von dem finanziellen Druck befreit werden, immer mehr Patienten behandeln zu müssen. Künftig sollen sie 60 Prozent der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Angeboten bekommen.

Der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, erklärte, die Reform nähere sich „immer mehr dem Kipppunkt, an dem keine Reform das kleinere Übel ist“. Das ursprüngliche Ziel, flächendeckend mehr Qualität durch sinnvolle Arbeitsteilung zwischen den Kliniken zu schaffen, gerate mehr und mehr in den Hintergrund. Stattdessen entstünden immer mehr Kostenfallen für die Beitragszahler: „Beim Transformationsfonds sollen sie mit 25 Milliarden Euro einspringen, großzügige Zuschläge sollen hunderte Millionen Euro kosten und wenn die Einzelfallprüfung bei der Abrechnung wegfällt, wird es noch viel teurer.“

Die Bilanz von Baas: „Kommt die Reform so wie sie jetzt vorgesehen ist, sind die über 74 Millionen GKV-Versicherten doppelt gestraft, als Patientinnen und Patienten und als Beitragszahlende. Die Reform braucht dringend eine Kurskorrektur.“

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) sagte der „Augsburger Allgemeinen“ (Mittwoch), die Länder sähen nach wie vor an vielen Stellen dringenden Änderungsbedarf. „Ich erwarte, dass Lauterbach die Bedenken und Bedürfnisse der Länder ernst nimmt.“ Bayern setze sich unter anderem dafür ein, dass die Länder Abweichungsmöglichkeiten von den bundesweiten Strukturvorgaben bekämen, um die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können.