Kommission zu Abtreibungsparagraf 218 will Ergebnisse vorlegen

Im Mai 1993 kippte das Bundesverfassungsgericht die 1992 vom Bundestag beschlossene gesamtdeutsche Fristenregelung mit Beratungspflicht. Danach war ein Abbruch in den ersten zwölf Wochen nicht rechtswidrig, wenn sich die Frau zuvor beraten ließ.

Lassen sich die Regeln zum Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafrechts festschreiben? Dazu will eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission im April Antworten vorlegen, wie Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag) sagte.

Anschließend gelte es, diese Antworten auszuwerten und sie im politischen Raum „mit größter fachlicher und politischer Achtsamkeit“ zu besprechen, so der FDP-Politiker. Die Räume, die das Bundesverfassungsgericht in der Frage des Lebensschutzes lasse, seien sehr eng. „Was keinesfalls passieren darf, ist, dass eine Regelung gefunden wird, die zwei Jahre später in Karlsruhe für verfassungswidrig erklärt wird. Das hätte unzumutbare Folgen für die betroffenen Frauen, die Ärzte und die Beratungsstellen.“

Bisher gelten für Abtreibungen die in Paragraf 218 des Strafgesetzbuches festgeschriebenen Regeln. Ein Schwangerschaftsabbruch ist demnach grundsätzlich rechtswidrig. Er bleibt jedoch straffrei, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die schwangere Frau sich zuvor beraten lassen; zwischen Beratung und Abbruch müssen mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.

Die Bundesregierung will die Vorschriften liberalisieren und eine Regelung außerhalb des Strafrechts finden. Dafür soll die von ihr eingesetzte Kommission die Vorarbeiten liefern. Die beiden großen Kirchen sind sich in dieser Frage uneins. Die katholischen Bischöfe sind der Überzeugung, dass der Schutz des ungeborenen Lebens weiterhin im Strafrecht abgesichert sein sollte. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) kann sich unter bestimmten Bedingungen eine Regelung außerhalb des Strafrechts vorstellen.

Debatten über den Umgang mit Abtreibungen gibt es immer wieder. Als grundlegend gilt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1993. Damals kippten die Richter in Karlsruhe eine 1992 vom Bundestag beschlossene gesamtdeutsche Fristenregelung mit Beratungspflicht. Das Grundgesetz verpflichte den Staat, menschliches Leben – auch das des ungeborenen – zu schützen. Zugleich rügten die Richter das Beratungskonzept, weil es keinen Auftrag enthielt, „die schwangere Frau zum Austragen des Kindes zu ermutigen“. 1995 mündete die Karlsruher Entscheidung in das heute noch gültige „Schwangeren- und Familienhilfe-Änderungsgesetz“

Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, rief gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zu mehr Engagement für den Lebensschutz auf. „Wir müssen die Angebote und Rahmenbedingungen so verbessern, dass häufiger Ja zum Kind gesagt wird“, sagte der CSU-Politiker, der vor einer Abschaffung des Paragrafen 218 warnte. „Ich glaube, dass die derzeit geltende Lösung in Deutschland gesellschaftlich mehrheitsfähig ist und einen Ausgleich bringt. Wir sollten das gemeinsam tragen.“

Im Jahr 2022 ist die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland um fast zehn Prozent auf 104.000 gestiegen. Auch in den ersten drei Quartalen 2023 meldete das Statistische Bundesamt steigende Zahlen.