Klimawandel sorgt für Dengue-Ausbreitung in Lateinamerika

Mit über 1,4 Millionen Fällen im Jahr 2024 erlebt Lateinamerika den bislang schlimmsten Ausbruch des Denguefiebers. Steigende Temperaturen könnten den Überträger auch in Europa heimisch machen.

Typisch bei einer Dengue-Infektion sind Fieber, Ausschlag sowie Kopf- und Gliederschmerzen
Typisch bei einer Dengue-Infektion sind Fieber, Ausschlag sowie Kopf- und GliederschmerzenImago / agefotostock

Zuerst hatte Mauricio Gramajo nur etwas Fieber. „Doch nach ein paar Tagen fühlte ich mich sehr schlecht, ich konnte kaum Wasser zu mir nehmen“, erzählt der 46-jährige Sozialarbeiter. „Im Krankenhaus sagten sie mir dann, du hast Dengue und dein Körper ist am Verdursten.“

Wie Gramajo ergeht es derzeit vielen in Lateinamerika. Die Region leidet unter dem schlimmsten Dengue-Ausbruch seit Beginn der Aufzeichnungen. Laut der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (PAHO) steckten sich allein in den ersten zwei Monaten des Jahres 2024 über 1,4 Millionen Menschen mit der Infektionskrankheit an. Knapp 300 Menschen starben an ihren Folgen. Die Fallzahlen sind gut dreimal so hoch wie im Vorjahr, erklärte die PAHO.

Dengue: mehr als 50.000 bestätigte Fälle und 37 Tote

Besonders betroffen ist neben Brasilien auch Argentinien. Am 7. März informierten die Behörden über mehr als 50.000 bestätigte Fälle und 37 Tote. „Wir müssen damit rechnen, dass die Krankheit mittlerweile endemisch geworden ist“, erklärte der Staatssekretär für medizinische Grundversorgung der Hauptstadt Buenos Aires, Gabriel Battistella. Mittlerweile seien die Temperaturen aufgrund des Klimawandels so weit gestiegen, dass die Eier der Gelbfiebermücke, die die Krankheit überträgt, die milden Winter überleben.

Das ist auch eine Gefahr für Europa. Bereits im vergangenen Sommer meldete Norditalien erste lokale Übertragungsfälle aus der Nähe des Gardasees.

Vor allem in Asien und Lateinamerika gebe es immer häufigere Ausbrüche der Krankheit: Schilder warnen vor dem Ausbruch des hämorrhagischen Dengue-Fiebers vor einem Kinderkrankenhaus in Kambodscha
Vor allem in Asien und Lateinamerika gebe es immer häufigere Ausbrüche der Krankheit: Schilder warnen vor dem Ausbruch des hämorrhagischen Dengue-Fiebers vor einem Kinderkrankenhaus in Kambodscha

„Wir reagieren mit einer umfassenden Kampagne“, erklärt der Argentinier Battistella. Der Hauptfokus liege auf der Beseitigung von Brutstätten der Mücken, die sich insbesondere in sauberem und stillem Wasser vermehren. „Wir gehen auch in die Schulen, erklären den Schülern, wo sich die Mücke vermehrt, und tragen ihnen auf, solche Orte bei sich zu Hause zu suchen.“

Die Forscherin Annelies Wilder-Smith, die unter anderem an der London School of Hygiene and Tropical Medicine unterrichtet, beobachtet die Lage. Vor allem in Asien und Lateinamerika gebe es immer häufigere Ausbrüche der Krankheit, sagt sie. Doch für die Forschung stehe Dengue nicht oben auf der Prioritätenliste. Das liegt laut Wilder-Smith vor allem an der geringen Sterberate. Zwar gebe es viele Infektionen, aber jährlich stürben weltweit etwa 50.000 Menschen daran, „im Vergleich zu Covid oder Malaria ist das relativ wenig“, sagt die Professorin.

Typische Symptome: Fieber, Ausschlag, Kopf- und Gliederschmerzen

Typisch bei einer Dengue-Infektion sind Fieber, Ausschlag sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Nicht jeder Infizierte erkrankt, in schweren Fällen kann die Krankheit aber tödlich verlaufen.

Das schiere Maß der Übertragungen in diesem Jahr führt inzwischen zu einer Überlastung der Gesundheitssysteme. In Brasilien riefen bereits 17 Städte den medizinischen Notstand aus. Auch in der argentinischen Provinzhauptstadt Córdoba sprechen Mediziner bereits von überfüllen Krankenhäusern. In Buenos Aires ist die Lage laut Staatssekretär Battistella allerdings ruhig: „Unsere Infrastruktur weist keine Überlastung auf.“

Eine Ärztin verabreicht einem Mädchen im Impfzentrum Super Carioca in Rio de Janeiro, Brasilien, eine Dosis Impfstoff gegen Dengue-Fieber
Eine Ärztin verabreicht einem Mädchen im Impfzentrum Super Carioca in Rio de Janeiro, Brasilien, eine Dosis Impfstoff gegen Dengue-FieberImago / Xinhua

Als erstes lateinamerikanisches Land begann Brasilien im Januar eine Impfkampagne mit dem kürzlich zugelassenen Impfstoff Qdenga. „Dieser hilft vor allem gegen eine zweite Ansteckung“, erklärt Wilder-Smith. Das sei gut und wichtig, denn diese habe den schlimmsten Krankheitsverlauf, gegen den man wenig unternehmen könne.

Argentinien entscheid sich gegen Impfstoff Qdenga

Argentinien entschied sich Anfang des Jahres vorläufig gegen die Aufnahme des Impfstoffs in den allgemeinen Impfkalender. „Es gibt noch zu wenig Studien, um die Auswirkungen bei der massiven Anwendung auf die gesamte Bevölkerung vorauszusagen“, begründet Battistella. Eine Entscheidung, die jüngst von der PAHO unterstützt wurde. Ein früherer Dengue-Impfstoff des französischen Herstellers Sanofi führte bei einer allgemeinen Impfkampagne in Indonesien bei Kindern und Jugendlichen zu Todesfällen.

Für die kommenden Wochen erwartet Gesundheitsstaatssekretär Battistella weitere Ansteckungen in Argentinien. „Die Fallzahl wird wachsen, bis die Durchschnittstemperatur unter 16 Grad Celsius fällt.“