Flucht-Expertin: EU-Asylsystem könnte Kindeswohl gefährden

Das neue europäische Asylsystem hat nach Meinung der Leiterin des Bereichs Flucht, Migration und Integration der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, Petra Bendel „gefährliche, “schlimmstenfalls desaströse Aspekte„. Beim Ökumenischen Studientag Kirchenasyl am Wochenende in Nürnberg sagte Bendel, die Reform habe eine “inhaltliche Schieflage“.

Konkret erkennt Bendel, dass die neuen Verordnungen das Kindeswohl gefährden können, weil sie erlauben, dass in Transitzonen an den europäischen Außengrenzen auch Familien mit Kindern ohne Altersgrenze in Haft kommen können. Dagegen hätte sich die Bundesregierung zwar ausgesprochen, sich aber nicht durchsetzen können.

Noch ungeklärt ist nach der Reform, die innerhalb von zwei Jahren in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden soll, welchen Anspruch auf rechtlichen Beistand Flüchtlinge haben, die an den EU-Außengrenzen abgewiesen wurden.

Innerhalb Deutschlands kritisierte Bendel eine „beinahe schon kampagnenartig organisierte“ Debatte um das individuelle Asylrecht. In ihr ginge man von einem angeblichen aktuellen Höchststand der Asylbewerber aus, den es gar nicht gebe. Auch die Überforderung der Kommunen sei nicht so hoch, wie befürchtet.

Bendel berichtete vom Pilotprojekt „Match’In“, das sie an ihrem Lehrstuhl mit vier Flächenbundesländern durchführe, und das dazu diene, Flüchtlinge passgenauer an Kommunen und Landkreisen zuzuweisen.

Der Ökumenische Studientag mit rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer verabschiedete unter dem Motto „Flüchtlingsschutz statt Abschottung“ eine Resolution, die unter anderem der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erhalten soll, sagte Mit-Initiatorin Ingrid Kagermeier. Darin fordern die Autoren, nicht am Grundrecht auf Asyl zu rütteln und beklagen eine „eine zunehmend feindselige Tendenz“ in der Debatte zum Thema Flucht und Migration.

Integration und Teilhabe der Flüchtlinge müsse in den Vordergrund gerückt werden, heißt es in dem Papier weiter. Asylbewerber sollten bei ihrer Verteilung eine gewisse Mitsprache haben und immer auch Zugang zu Rechtsbeiständen. Die Kommunen werden aufgefordert, nachhaltige Konzepte zur Aufnahme von Flüchtlingen zu entwickeln. Sollte eine Abschiebung nicht vermeidbar sein, fordert die Resolution, Schutzräume wie Krankenhäuser Schulen und das Kirchenasyl zu respektieren und dafür zu sorgen, dass Menschen bei ihrer Abschiebung keine Gewalt erfahren.

Der Ökumenische Studientag Kirchenasyl findet seit 30 Jahren einmal im Jahr statt. Zu den Veranstaltern gehören unter anderem das Bayerische Ökumenische Kirchenasylnetzwerk, das Nürnberger Evangelische Forum für den Frieden, der Jesuiten-Flüchtlingsdienst und die bayerische Landeskirche. (00/1187/14.04.2024)