Kirche: Mehr tun für Integration von Ukrainern am Arbeitsmarkt
Rund 30 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine haben einen Job. Manche werfen ihnen mangelnden Arbeitswillen vor, andere finden die Hürden zu hoch. Die katholische Kirche fordert mehr Anstrengungen auf allen Seiten.
In der aktuellen Debatte um die Integration ukrainischer Flüchtlinge in den deutschen Arbeitsmarkt fordert die katholische Kirche mehr Anstrengungen auf allen Seiten. Vor allem dürfe die Diskussion nicht länger von Vorurteilen geprägt werden, erklärte Flüchtlingsbischof Stefan Heße am Dienstag in Bonn: “Die Geflüchteten seien arbeitsunwillig und der Bezug von Sozialleistungen würde dem Anreiz zur Arbeitsaufnahme entgegenstehen – so lauten zwei stereotype Begründungsmuster, die durch einschlägige Studien mittlerweile widerlegt wurden.”
In dieser Situation helfe der Ruf nach vermeintlich einfachen Lösungen wie der Kürzung von Sozialleistungen nicht weiter, fügte der Hamburger Erzbischof und Vorsitzende der Migrationskommission der Bischofskonferenz hinzu. Um weitere Polarisierungen zu vermeiden und die Debatte zu versachlichen, seien aus Sicht der Kirche vier Aspekte entscheidend, heißt es weiter in der gemeinsamen Stellungnahme mit Bischof Bohdan Dzyurakh, dem kirchlichen Vertreter für die Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland.
Zum einen müssten Sprachkurse als “Schlüssel zum Erfolg” auf dem Arbeitsmarkt vor allem auf die Bedürfnisse der vielen Frauen mit kleinen Kindern angepasst werden. Zweitens müssten die Verfahren zur Anerkennung der Qualifikationen vereinfacht und beschleunigt werden.
Drittens sei für die vielen Geflüchteten mit minderjährigen Kindern eine gute Kinderbetreuung unerlässlich, um arbeiten zu können. Hier könnten auch kirchliche Einrichtungen mithelfen, so die Bischöfe weiter. Viertens müsse man Unternehmer und Arbeitgeber “darin bestärken, ukrainischen Geflüchteten berufliche Perspektiven anzubieten und ihnen die Arbeitsmarktintegration zu erleichtern, etwa indem sie berufsbegleitende Nachqualifizierungen in ihren Betrieben ermöglichen. Auch kirchliche Einrichtungen stehen hier als Arbeitgeber in der Verantwortung.”
Heße und Dzyurakh riefen zugleich alle Ukrainerinnen und Ukrainer auf, sich bietende Gelegenheiten zu ergreifen: “Es besteht eine Verantwortung, berufliche Möglichkeiten auch zu nutzen. Denn auf diese Weise ergeben sich Perspektiven für echte gesellschaftliche Teilhabe.” Kirchliche Beratungsstellen könnten die Menschen dabei begleiten.
Von den rund 1,1 Millionen nach Deutschland geflohenen Ukrainern waren im Frühjahr laut einer kürzlich veröffentlichten Studie etwa 30 Prozent erwerbstätig. Weitere 30 Prozent hatten angegeben, derzeit Arbeit zu suchen. 72 Prozent der Flüchtlinge seien Akademiker, wobei die Abschlüsse nicht immer vergleichbar seien. Und 85 Prozent seien Frauen, häufig mit minderjährigen Kindern.