Gleiche Rechte für alle Menschen

Vor 70 Jahren wurde „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ verabschiedet. Heute sind diese Rechte mehr denn je in Gefahr. Es gilt, die Augen offen zu halten. Und aufzustehen – für die Menschenrechte in Deutschland und der ganzen Welt

Nach dem Zweiten Weltkrieg mit seinem unermesslichen Leid einigte sich die Weltgemeinschaft 1948 auf die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“. Alle Menschen sollten fortan gleich an Rechten sein, um eine erneute Barbarei zu verhindern. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte bietet die Grundlage, sich einzumischen, wenn Regierungen die Rechte der Menschen in ihrem Land missachten. 70 Jahre später zeigt sich, wie wichtig und aktuell der Einsatz für Recht und Gerechtigkeit ist – gerade in Zeiten, in denen viele menschenrechtliche Errungenschaften wieder in Frage stehen.

Negative Folgen des Welthandels

Eine dieser Herausforderungen ist der wachsende Einfluss der Wirtschaft. In den letzten Jahren weitete sich das weltweite Handelssystem mit zahlreichen Freihandelsabkommen und Investitionsschutzabkommen stetig aus. In diesen Abkommen spielen Sozialstandards keine Rolle.
Viele Menschen in Afrika, Asien, Lateinamerika sind mit den negativen Folgen dieses Welthandels konfrontiert: Weltweit arbeiten Menschen unter katastrophalen Bedingungen, um für internationale Unternehmen zu produzieren. Großflächige Agrarinvestitionen und Rohstoffabbau in den Ländern des Südens führen zu rechtswidrigen Landvertreibungen, Wasserverschmutzung und bei Protest der lokalen Bevölkerung zu Verhaftungen und Übergriffen. In Indonesien werden für Palmöl- und Zuckerrohrplantagen Menschen gewaltsam vertrieben und Wälder gerodet. Der Lithiumabbau in Argentinien raubt indigenen Völkern ihre Lebensgrundlage. In vielen Fabriken der Textilindustrie wird kein existenzsichernder Lohn gezahlt und Versammlungsfreiheit ist nicht gegeben.
Die Rechte internationaler Konzerne sind häufig durch Investitionsschutzverträge abgesichert und werden von internationalen Schiedsgerichten durchgesetzt. Aber für Menschenrechte gibt es keine entsprechenden Verträge oder Gerichte. Bisher gelten nur freiwillige Menschenrechtsstandards für Unternehmen wie die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.
Um dies zu ändern, wird derzeit in den Vereinten Nationen über ein verbindliches Abkommen verhandelt. Mit dem sogenannten „UN-Treaty“, initiiert von Ecuador und Südafrika, soll ein internationaler Vertrag erarbeitet werden, der für alle Länder dieselben Regeln aufstellt. Der UN-Treaty hat das Ziel, klare Regeln für Unternehmen weltweit zu schaffen und Menschen, deren Rechte verletzt werden, Klagemöglichkeiten, auch über Ländergrenzen hinweg zu eröffnen.
Zudem gibt es auf nationaler Ebene Handlungsbedarf. So sind deutsche Unternehmen oft unmittelbar an Menschenrechtsverletzungen beteiligt – als Mutterunternehmen, Käufer, Auftraggeber, Zulieferer oder Investoren. Adidas ist so ein internationales Unternehmen. Das SÜDWIND-Institut hat gemeinsam mit anderen Nicht-Regierungsorganisationen aus Europa und Indonesien gegen Adidas eine Beschwerde bei der Nationalen Kontaktstelle der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) eingelegt.
Im Jahr 2012 hatten Arbeiterinnen in einer indonesischen Zulieferfabrik von Adidas gestreikt, um die Auszahlung des Mindestlohns und Versammlungsfreiheit durchzusetzen. Daraufhin entließ das Zuliefer-Unternehmen einen Großteil der Streikenden ohne Abfindung. Diese Entlassung verstößt gegen indonesisches Recht und gegen die Menschenrechte. Mit der Beschwerde möchte SÜDWIND Adidas dazu bewegen, seinen Einfluss auf das Unternehmen wahrzunehmen und dazu beizutragen, dass die Beschäftigten die ihnen zustehende Abfindung erhalten. Die Klage mehrerer Betroffener eines Fabrikbrands in einer pakistanischen Textilfabrik, die für KiK produzierte – darunter eine Frau, deren Sohn bei dem Brand umgekommen ist – gegen das Textilunternehmen, die jetzt beim Landgericht in Dortmund verhandelt wurde, beruft sich auf pakistanisches Recht. Die Klage wurde allerdings inzwischen abgewiesen (siehe Seite 6).
Damit Unternehmen in Deutschland Menschenrechte entlang der gesamten Lieferkette umsetzen, braucht es Gesetze, die dies ermöglichen. Der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) jedoch setzt zunächst auf Freiwilligkeit: Die Bundesregierung appelliert an Unternehmen, die Menschenrechte in ihren Lieferketten zu achten. Es gibt aber keine festen Vorgaben oder Sanktionen bei Nichteinhaltung. Nur für den Fall, dass sich 2020 herausstellen sollte, dass das Prinzip der Freiwilligkeit bei der Mehrheit der großen Unternehmen nicht wirksam gegriffen hat, hat die Bundesregierung gesetzliche Maßnahmen angekündigt.
Für Menschenrechte in der Wirtschaft muss die Politik regulierend eingreifen. Setzen auch Sie sich ein für gesetzliche Vorgaben für die Unternehmen zur Achtung von Arbeitsstandards, Menschenrechten und Umwelt – auch bei deren Auslandsgeschäften.
• Fordern Sie von Ihren Abgeordneten gesetzliche Maßnahmen, um Menschenrechte in der Wirtschaft durchzusetzen.
• Unterstützen Sie Menschen und Organisationen, die sich für Menschenrechte in Afrika, Asien und Lateinamerika einsetzen, zum Beispiel durch Spenden an das SÜDWIND-Institut, die Vereinte Evangelische Mission (VEM), Brot für die Welt.
• Beteiligen Sie sich an Initiativen und Aktionen wie „Womit werden wir uns kleiden?“ – die Menschenrechtsaktion der VEM, die „Handy-Aktion NRW“.
• Orientieren Sie sich beim Einkauf an öko-fairen Siegeln.