Gegen Wohnungsnot: Diakonie wird zum Bauherren

Diakonische Träger in der Wohnungslosenhilfe in Niedersachsen gehen neue Wege bei der Unterbringung von Obdachlosen. Sie werden selbst Bauherren.

Ein Wohnungsloser macht eine Haltestelle zu seiner Unterkunft.
Ein Wohnungsloser macht eine Haltestelle zu seiner Unterkunft.Rolf Zöllner

Wenn im Februar die Bagger anrollen, dann haben 36 Obdachlose in Lüneburg Grund zur Freude. Denn für sie baut die Lebensraum Diakonie eine neue Wohnanlage mit 36 Apartments. „Die Idee ist aus der Not geboren“, sagt Tanja Mainz vom Vorstand der Lebensraum Diakonie mit Sitz in Lüneburg. „Es gibt kaum Unterbringungsmöglichkeiten für Obdachlose. Da wollen wir selbst Wohnraum schaffen, der auf ihren Bedarf zugeschnitten und finanzierbar ist.“ Alle Wohnungen seien barrierefrei, mit einem Bad und einer Kochnische ausgestattet.

Die Lebensraum Diakonie ist schon seit vielen Jahren in der Wohnraumhilfe aktiv. Bisher bietet sie Obdachlosen ein umfangreiches Beratungsangebot, vermittelt und vermietet Wohnungen, zum Beispiel an Menschen, die psychisch beeinträchtigt sind und Unterstützung brauchen. Rund 260 Mieterinnen und Mieter habe die diakonische Einrichtung mit Sitz in Lüneburg, so Mainz. Doch Bauherr war die Lebensraum Diakonie noch nicht. Der Neubau für acht Millionen Euro ist ein neuer Schritt.

Nur ein „Housing First“ in Niedersachsen

Christoph Brauner, der bei der Diakonie in Niedersachsen für Wohnungslosenhilfe zuständig ist, begrüßt den Kraftakt. „Ich finde es gut, wenn soziale Dienstleister selber bauen, auch wenn es nicht zu ihren eigentlichen Aufgaben gehört.“ Angesichts der wachsenen Wohnungsnot seien jedoch neue Wege gefragt, ist Brauner überzeugt.
Beispiele dafür gebe es in Niedersachsen immer häufiger. So baue der diakonische Verein „Herberge zur Heimat Nienburg“ derzeit an einer Unterkunft. Auch die „Diakonische Gesellschaft Wohnen und Beraten“ in Braunschweig habe ein Wohnprojekt umgesetzt.

Das ungewöhnlichste Projekt sei jedoch in Hannover-Vahrenwald für 16 Obdachlose verwirklicht worden, erzählt Christoph Brauner. „Hier ist das Diakonische Werk in Hannover zwar beteiligt, der Vermieter ist jedoch die Soziale Wohnraumhilfe, eine GmbH.“ Ungewöhnlich sei das Projekt vor allem, weil an den Einzug keine Voraussetzungen geknüpft gewesen seien. „Es gibt zwar eine Sozialarbeit im Haus, aber die Bewohner müssen keine Beratungsleistungen in Anspruch nehmen.“

Kirchengemeinden und Diakonie gefordert

Damit entspreche das Vahrenwalder Projekt als bisher einziges in Niedersachsen den Kriterien von „Housing First“, einer bundesweiten Kampagne zur Unterstützung von Obdachlosen, die ursprünglich aus den USA und Finnland stammt. Hier sei es das Ziel, Obdachlosen zuerst eine Wohnung zur Verfügung zu stellen, damit sie zur Ruhe kommen. Auf dieser sicheren Grundlage könnten sie dann ihre Probleme angehen, erklärt Brauner.

Auch Kirchengemeinden könnten zur Linderung der Wohnungsnot beitragen, betont Brauner. „Sie könnten nach Möglichkeiten suchen, wie sie zusammen mit der Diakonie helfen können.“