Gedenken an Opfer des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma

Zum 81. Jahrestag der Unterzeichnung des „Auschwitz-Erlasses“ zur Deportation der Sinti und Roma ist in Berlin und Brandenburg an die Opfer des NS-Völkermordes erinnert worden. Im Bundesrat gedachten die Mitglieder der Länderkammer am Freitag mit einer Schweigeminute der Toten. Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (SPD) betonte, ein würdiges Gedenken an das Leid der früheren Generationen sei die Grundlage für ein gutes, gleichberechtigtes Zusammenleben heute. In der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen in Oranienburg wurde mit einem stillen Gedenken an die NS-Opfer erinnert. Dazu hatten die Gedenkstätte und der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma eingeladen.

Der Zentralratsvorsitzende Romani Rose warnte anlässlich der Gedenkfeier in Sachsenhausen vor einem weiteren Erstarken des Rechtsextremismus und forderte einen besseren Schutz von Minderheiten. Rose betonte, auf den Straßen in Deutschland herrsche heute erneut „ein Klima, in dem Sinti und Roma und Jüdinnen und Juden wieder Schutz in der Anonymität suchen“. Zugleich gingen nationalistische und rechtsextreme Kräfte offen auf die Straße und verbreiteten in den Parlamenten Antiziganismus und Antisemitismus.

„Sie haben keinerlei Respekt vor dem Rechtsstaat und unserer Demokratie“, erklärte Rose: „Es bereitet mir große Sorge, dass dieser Hass ein solches Ausmaß annimmt und auch Fälle von Übergriffen und Gewalt sich wieder häufen.“ Dieses Klima und diese Entwicklungen schürten Ängste in der Minderheit, betonte der Vorsitzende des Zentralrats: „Unsere ganze Gesellschaft ist gefragt, dem entgegenzutreten.“ Letztendlich sei der Schutz von Minderheitenrechten ein Eintreten für den Schutz der demokratischen Grundrechte aller Menschen.

Zu der Gedenkfeier in Sachsenhausen war auch der deutsche Sinto und NS-Überlebende Christian Pfeil eingeladen. Er betonte, aus der Geschichte erwachse auch die Verpflichtung, den Rechtsstaat wehrhaft zu verteidigen. Wo die NS-Menschheitsverbrechen und damit die historischen Tatsachen geleugnet würden, gelte es, „dem mit allen Mitteln der Justiz und des Rechtsstaats entgegenzutreten“. Brandenburgs Kulturstaatssekretär Tobias Dünow (SPD) erklärte, es gehe dabei auch „um den Kampf gegen Diskriminierung in der Gegenwart“.

Schwesig betonte im Bundesrat, Meldungen über Diskriminierungen, Beleidigungen und Beschimpfungen, Drohungen und Gewalttaten gegen Sinti und Roma zeigten, dass die alten Vorurteile „immer noch erschreckend lebendig“ seien. Vorurteilen entgegenzutreten, sei eine gemeinsame Aufgabe für ein Zusammenleben in Vielfalt. Der Bundesrat gedenkt traditionell am letzten Sitzungstag des Jahres der Opfer des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma.

Der von SS-Reichsführer Heinrich Himmler unterzeichnete „Auschwitz-Erlass“ vom 16. Dezember 1942 war die Grundlage für die Deportation von Sinti und Roma aus ganz Europa in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Hunderttausende von ihnen wurden von den Nationalsozialisten während des Holocaust ermordet. Im KZ Sachsenhausen in Oranienburg waren nach Angaben der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten mehr als 1.000 Sinti und Roma inhaftiert.