US-Wahlkampf: Verschwörungserzählungen um Taylor Swift

Taylor Swift bricht einen Grammy-Rekord. Mit der „The Eras“-Tour hat ihre Karriere einen neuen Zenit erreicht. Doch das missfällt manchen. Verschwörungsmythen zum US-Wahlkampf werden lauter.

Taylor Swift füllt Stadien und die Playlists vor allem junger Frauen. Und: Sie äußert sich immer wieder politisch
Taylor Swift füllt Stadien und die Playlists vor allem junger Frauen. Und: Sie äußert sich immer wieder politischImago/ Agencia EFE

Am Sonntag hat Taylor Swift erneut einen Rekord gebrochen. Bei den Grammys nämlich überholte sie Frank Sinatra, Paul Simon und Stevie Wonder, indem sie ein viertes Mal die Hauptkategorie „Album des Jahres“ gewann. Am Mittwoch beginnt der zweite und internationalere Teil ihrer „The Eras“-Tour, die schon jetzt die Liste der umsatzstärksten Tourneen anführt und deren Einfluss auf die US-Wirtschaft vielfach diskutiert worden ist.

Man könnte also meinen: Swift ist auf dem Höhepunkt ihrer Karriere angekommen. Obwohl man das schon häufiger von ihr gesagt hat – und sie danach noch umso höher geklettert ist.

Doch mit dem Erfolg kommen nicht nur Neider, sondern auch Verschwörungstheoretiker. Sie laufen in den USA aktuell zur Höchstform auf.

Taylor Swift – eine Agentin des Pentagons?

Ihre Theorie, die auch vom Sender Fox News verbreitet wird, lautet in unterschiedlichen Spielarten etwa so: Swift sei eine Agentin des Pentagons und werde von Präsident Joe Biden gezielt für den Wahlkampf gegen Donald Trump eingesetzt. Gipfeln werde dies in einem Sieg des Footballteams der Kansas City Chiefs beim Super Bowl am 11. Februar, um die Werbung der Demokraten noch prominenter platzieren zu können. Bei besagtem Team nämlich spielt Swifts Partner Travis Kelce mit, der manchen US-Amerikanern wegen seines Engagements bei der Covid-Impfkampagne sowieso ein Dorn im Auge ist.

Das Magazin „Rolling Stone“ berichtet aus Trumps Kreisen, dass der ehemalige Präsident sich und seine Anhänger für beliebter hält als Swift. Und laut „New York Times“ hofft Biden auf die Unterstützung des Mega-Stars im Wahlkampf. Bereits 2020 hatte sie sich für ihn ausgesprochen.

Dabei war es politisch viele Jahre ruhig um die 34 Jahre alte Swift, die in Nashville aufgewachsen ist. Nicht selten wähnte man sie in der Nähe der republikanischen Partei – auch weil sie, die ihre Karriere mit Country-Musik begann, nur allzu gut das Image des typischen „All-American Girl“ verkörpern konnte.

Swift steht zu ihrem christlichen Hintergrund

Das änderte sich Anfang 2018, als sich die Künstlerin nach einem „mass-shooting“ mit 17 Toten an einer Schule in Florida auf ihrer Instagram-Seite für eine Reform des Waffengesetzes aussprach. Sieben Monate später und damit einige Wochen vor den Midterm-Wahlen in ihrem Heimatstaat Tennessee erklärte sie ebenfalls auf Instagram, dass sie sich bislang politisch zurückgehalten habe, diese Einstellung aber aufgrund von Veränderungen in den vergangenen zwei Jahren – also während der Ära Trump – ändern wolle. Sehr deutlich sprach sie sich in diesem Post gegen die Republikanerin Marsha Blackburn und für die demokratischen Kandidaten aus.

Ihr Engagement gegen die Politikerin, die die Wahl jedoch trotzdem gewann, begründete Swift auch mit ihrem eigenen christlichen Hintergrund. Das kam allerdings erst in der 2020 erschienenen Netflix-Dokumentation „Miss Americana“ zur Sprache.

Dort erklärte Swift unter anderem ihren Eltern, die um die Sicherheit der Tochter besorgt sind, warum sie öffentlich gegen Blackburn aufstand. Und dass sie es bereu, dies nicht bereits beim Präsidentschaftswahlkampf getan zu haben. Blackburn begründe ihre Politik etwa gegen gleichgeschlechtliche Partnerschaften und den Schutz von Frauen mit christlichen Werten, so Swift in der Doku: „Das sind keine christlichen Werte in Tennessee. Ich lebe in Tennessee, ich bin Christin. Das ist nicht, wofür wir stehen.“ Trump reagierte darauf mit der Aussage, dass er die Musik der Sängerin jetzt weniger gern möge.

Swift setzt sich für die Rechte der queeren Community ein

2018 also war eine Art Dammbruch für die politische Stimme von Swift, die sie seitdem immer wieder erhoben hat – vor allem auch dann, wenn es um die Rechte der queeren Community geht. Wie groß der Einfluss der Künstlerin auf den diesjährigen US-Wahlkampf wirklich sein wird, ist ungewiss; doch dass sie Massen mobilisieren kann, hat sie immer wieder unter Beweis gestellt.

Allein auf Instagram folgen dem Star 279 Millionen Menschen; nach einem Aufruf zur Wahl-Registrierung registrierten sich innerhalb eines Tages 30.000 Personen. Umfragen deuten an, dass sich eine nicht unbedeutende Zahl bei ihrer politischen Entscheidung durchaus von Swifts Empfehlung beeinflussen lassen würden. Zudem erreicht sie insbesondere junge Menschen, die derzeit laut Umfragen alles andere als begeistert von Biden sind.

Treue Fans: „Swifties“ nehmen ihr Idol in Schutz

Wie viel direkten Einfluss Swifts Fangemeinde, die sogenannten „Swifties“, ausüben können, zeigt ein Beispiel aus jüngster Vergangenheit. Als im Netz KI-erzeugte Nacktbilder der Sängerin verbreitet wurden und eine Reaktion der Plattformbetreiber auf sich warten ließ, übernahmen die Swifties den Hashtag, unter dem die Bilder liefen, und verbreiteten ihrerseits so viele reale Bilder der Sängerin, dass die manipulierten nur noch schwer aufzufinden waren.

 

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An dieser Geschichte ließe sich noch viel mehr erörtern – etwa wie gerade Frauen, und zwar längst nicht nur im Internet, Opfer von frauenfeindlichen Einstellungen, von Hass und Hetze sind und wie schwer es ist, dagegen vorzugehen. Auch die Karriere von Taylor Swift ist voll von solchen Begebenheiten. Die Sorgen der Eltern um ihre Sicherheit ist angesichts von Drohungen und Stalking nicht weit hergeholt.

Evangelikale Christen arbeiten sich regelmäßig an der Sängerin ab

Manch einer verehrt Swift gerade wegen ihres Einsatzes gegen Strukturen, die Frauen und queere Menschen diskriminieren, als eine Art weiblichen Messias. Die rechte christliche Blase der Sozialen Medien hingegen warnt vor ihrer Musik und nennt sie satanisch. Evangelikale Christen arbeiten sich regelmäßig an der Sängerin ab, die aus ihrer Sicht mit ihren liberalen Ansichten gerade nicht für christliche Moralvorstellungen stehe – etwa mit ihrer Petition zum Gleichbehandlungsgesetz und dem LGBTQ-unterstützenden Song „You Need to Calm Down“. Manche Stimme bescheinigt Swift-Fans gar heidnische Götzendienste und damit eine biblische Sünde, die die Künstlerin auch bewusst forciere.

Für Mitte April hat sie nun ein neues Album angekündigt. Möglich, dass sie die Erfahrungen der vergangenen Monate in den einen oder anderen Song verwandeln wird. Die handeln nämlich entgegen landläufiger Meinung nicht nur von gescheiterten Liebesbeziehungen – sondern vor allem davon, wie es ist, als junge Frau in einer von Männern dominierten Welt aufzuwachsen.