Fast ein Messias: Evangelikale in den USA feiern Donald Trump

Es scheint, als könne Donald Trump alles machen, was er will. Seine treuen Wählerinnen und Wähler, darunter auch viele Evangelikale, jubeln ihm zu. Ein Kommentar von Klaus Koch.

Anhänger von Donald Trump mit T-Shirt-Aufdruck in South Dakota 2023
Anhänger von Donald Trump mit T-Shirt-Aufdruck in South Dakota 2023IMAGO / ZUMA Wire

In Deutschland wird Protestantismus als linksliberal wahrgenommen. Auf den Synoden wird gegendert, Pazifisten gelten auch in Zeiten des Aggressors Putin als honorig, unter Beifall vertreten Klimaaktivisten ihre Sicht der Dinge und dann verpflichtet sich die Kirche auch noch selbst, Fahrten im Namen des Herrn auf Autobahnen nicht schneller als mit 100 Stundenkilometer zurückzulegen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es wenig, dass viele evangelische Christen mit dem Kopf schütteln, wenn es um ihre Glaubensgeschwister in den USA geht.

Trump wird zugejubelt, egal, ob er Fehler macht

Dort verehrt eine große Zahl weißer Evangelikaler Donald Trump fast wie einen Messias: Einen Politiker ohne moralische Maßstäbe, mit einem Lebensstil, der mit christlich wenig zu tun hat und einer politischen Grundhaltung, die keineswegs lupenrein demokratisch ist. Doch diese Verwunderung lässt außer Acht, dass der Protestantismus auch in Deutschland einen sehr langen Weg hinter sich hat, bis er zu einer Stütze der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft wurde. Immerhin gäbe es die Konfession gar nicht, wenn sich nicht absolutistische Herrscher ihrer angenommen und sie verteidigt hätten.

Und der Glaube an die Sündhaftigkeit des Menschen saß – und sitzt in Amerika wohl immer noch – so tief, dass die Gläubigen diesem sündigen Menschen nicht zutrauen, sich und die Gesellschaft gottgerecht und bibeltreu zu organisieren. Da kommt ein starker Mann gerade recht, der verspricht, den wahren Glauben in einer ungläubigen Welt zu schützen. Ihm wird zugejubelt, egal, ob er Fehler hat oder macht. So zeigt sich eine bizarre Szenerie diesseits und jenseits des Atlantiks: Auf der einen Seite stützen Protestanten aus Glaubensgründen eine vielfältige und liberale Demokratie, auf der anderen Seite finden sie im Glauben Gründe, die eine solche Demokratie gefährden.