Ein angehender Pfarrer will auf Sorbisch predigen

Der angehende Pfarrer Jakob Simon lebt im Spreewaldort Dissen-Striesow. Damit er mit allen Menschen dort reden kann, lernt er nun eine sechste Sprache: Sorbisch.

Vikar Jakob Simon lernt Sorbisch
Vikar Jakob Simon lernt SorbischMarion Hirche

Jakob Simon spricht gern – und das nicht nur auf Deutsch. Der 32-Jährige hat Englisch, Französisch, Alt-Hebräisch, Alt-Griechisch und Latein gelernt. In diesem Sommer hat er eine weitere Sprache in Angriff genommen: Sorbisch/Wendisch. Seit dem vergangenen Jahr ist Jakob Simon Vikar im Pfarrsprengel Dissen, zu dem die Kirchengemeinden Striesow, Sielow und Dissen gehören. Und hier gibt es Menschen, die Sorbisch als Muttersprache haben.

Der junge Mann hat im Juli in der Schule für niedersorbische Sprache und Kultur in Cottbus einen Kompaktkurs in der slawischen Sprache absolviert. „Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Jetzt kommt es für mich darauf an, das Gelernte auch anzuwenden, damit ich im nächsten Jahr erfolgreich ein Sprachzertifikat erwerben kann“, sagt er.

Diese Ostsächsische Bahn  wirbt für die sorbische Sprache
Diese Ostsächsische Bahn wirbt für die sorbische SpracheImago / Andre Lenthe

Jakob Simon stammt aus Chemnitz. In Dresden hat er seine Kinder- und Jugendzeit verbracht. Durch eine Freundin kam er zur Jungen Gemeinde. Hier lernte er viel über Gott und entschied irgendwann für sich: „Okay, Jesus. Dich gibt’s echt!“ Vier Jahre engagierte er sich in der kirchlichen Nachwuchsarbeit. Währenddessen und auch in seinem Zivildienst beim Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) sowie bei der ehrenamtlichen Tätigkeit neben dem Freiwilligen Ökologischen Jahr reifte sein Berufswunsch: „Ich habe gemerkt, dass ich gern predige, als Gemeindepädagoge aber diesbezüglich eingeschränkt gewesen wäre. So habe ich mich entschieden, Theologie zu studieren, um Pfarrer zu werden.“

Die letzten zehn Jahre hat Jakob Simon sein Studium in Halle/Saale, Leipzig und Jena absolviert. Gleich zu Beginn 2011 standen Griechisch, Hebräisch und Latein auf der Agenda: „Das war eine der Voraussetzungen, damit ich mein Berufsziel erreiche“, erklärt der Neu-Striesower. Allerdings gab es während seiner Studienzeit immer wieder Unterbrechungen. Nach der Geburt der Tochter ging der heutige Vikar in Elternzeit. Ein halbes Jahr lang weilte Jakob Simon mit seiner Frau und der Kleinen am Bodensee an einer englischsprachigen Bibelschule, die Teil der Missionsgemeinschaft Fackelträger international ist.

Auch im Alltag begegnet ihm das Wendische

Sprachen sind für Jakob Simon sehr wichtig, weil sie eine Voraussetzung sind, mit Menschen auf der ganzen Welt und vor der eigenen Haustür in Kontakt zu kommen. „Für das Sorbisch/Wendische habe ich ein ganz besonderes Motiv: Im Rahmen meiner bisherigen Begegnungen mit der Bibel in wendischer Sprache fiel mir auf, wie genau diese Übersetzung zum Beispiel in den Psalmen auf den Punkt bringt, was im hebräischen Text der Bibel steht – mitunter sogar treffender, als ich es in vielen deutschen Bibeln finde. Das Wendische ist mit seinen sprachlichen Möglichkeiten hier eine richtige Horizonterweiterung.“

Niedersorbische Bauernstube im Mueseum in Dissen
Niedersorbische Bauernstube im Mueseum in DissenIMAGO / fototraube.de

In seinem Vikariat trifft er oft auf slawische Wörter: durch seine Mentorin, Pfarrerin Katharina Köhler, den Arbeitskreis sorbisch/wendischer Gottesdienste und durch die enge Verknüpfung von Dorf- und Kirchengemeindeleben in Dissen-Striesow. Auch im Alltag begegnet ihm das Wendische: bei der älteren Verwandtschaft seiner Frau Theresa in Drehnow, aber auch in den Traditionen seines neuen Heimatdorfes.

Priester am Ball

Inzwischen haben die Simons ein zweites Kind. Ihr Sohn besucht den Witaj-Kindergarten in Striesow, die Tochter geht in die Grundschule „Mato Kosyk“ in Briesen. Beide lernen wie ihr Vater Sorbisch/Wendisch. Die Familie ist am Marienberg in Striesow heimisch geworden. Theresa Simon arbeitet an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg als Physikerin. Sie ist ehrenamtlich in der Kirchengemeinde aktiv.

Jakob Simon nutzt seine Freizeit auch für den Sport. Im Nachbardorf spielt er in der zweiten und manchmal in der ersten Männermannschaft Fußball. Von manchen Mannschaftskameraden werde er „der Priester“ gerufen, erzählt er schmunzelnd. Ab und zu geht er auch zu den Regionalligaspielen vom FC Energie Cottbus. „Da kommt am Ende des Tages manchmal fast eine kleine Weltreise zusammen, wenn ich mich in so vielen verschieden Sprachwelten hintereinander bewege.“ Wenn die Kinder abends schlafen, lesen die Simons. Selbst dann spielen Fremdsprache eine Rolle: Der 32-Jährige beschäftigt sich gerade mit den im vergangenen Jahr editierten Tagebüchern des sorbisch/wendischen evangelischen Geistlichen Gotthold Schwela.