Pfarrerin bringt frischen Wind in Südafrika-Gemeinde

Claudia Nolte-Schamm brachte frischen Wind in eine Traditionsgemeinde in Kapstadt. Die junge Pfarrerin aus Deutschland änderte den Leitungsstil und befeuerte die Ökumene.

Kirche St. Martini in Kapstadt/ Südafrika
Kirche St. Martini in Kapstadt/ SüdafrikaImago / Zoonar

Sieben Jahre lang, von 2016 bis 2023, stand Claudia Nolte-Schamm als Gemeindepfarrerin sonntags in der deutschen evangelisch-lutherischen St.-Martini-Kirche in Kapstadt. In ­diesen Jahren war sie nicht einfach irgendwo Gemeindepfarrerin, sondern weit entfernt in Süd­afrika. Wo Pazifik und Atlantik aufeinandertreffen, der ­Tafelberg neben der Kirchturmspitze in die Höhe ragt und die Palmen vor dem Gemeindehaus im Wind wehen.

Durch verschiedene Missions­arbeit skandinavischer, nordamerikanischer und deutscher Länder entstanden im 19. Jahrhundert die evangelisch-lutherischen Kirchen im südlichen Afrika. In Kapstadt gibt es eine deutsche Gemeinde, die in diesem Urlaubsparadies nicht zentraler liegen könnte.

Erste Pfarrerin seit der Gründung der Gemeinde in Kapstadt

Wo man zu Weihnachten vermutlich jedes Jahr unter dem Talar schwitzt, weil es in diesen Breitengraden im ­Dezember über 30 Grad heiß ist. Das Pfarrhaus hätte jeder gern als Ferienwohnung, mit seiner Strandnähe und den umliegenden Wanderwegen. Als Nolte-Schamm 2016 das Pfarramt in St. Martini antritt, fragt sie sich zuerst: „Schaffe ich das?“ Pfarrerin zu werden ist ein innerer Berufungsprozess und stellt einen vor ­eine Verantwortung, die auch Angst machen kann. Dazu ist sie die erste Frau, die seit der Gründung der Gemeinde in Kapstadt im Jahr 1861 hier als Pfarrerin tätig ist. Die Vorstellung von Führung war über 150 Jahre lang in dieser Kirche ein eher traditionell geprägter, männlicher Leitungsstil.

Tafelberg von Kapstadt in Südafrika
Tafelberg von Kapstadt in SüdafrikaImago / Imagebroker

2016 kam dann Claudia Nolte-Schamm in die Gemeinde, eine junge Frau, die nicht den alten Stil verfolgte, alles allein zu entscheiden, sondern gemeinsam losgehen und jeden mitnehmen wollte. Doch so einen Wandel in die Gemeinde zu bringen war schwer. „Du leitest doch gar nicht“, sagten ihr manche. Einige der Gemeindeglieder hatten einen autoritären Führungsstil erwartet. Wo die Pfarrerin ist, da ist Gemeinde, so deren Ansatz. Aber Gemeinde ist doch da, wo zwei oder drei in Jesu Namen versammelt sind? Diesen theologischen Ansatz verfolgt die bei ihrem Dienstantritt Anfang 40-jährige Südafrikanerin, denn ein autoritärer Führungsstil entspricht für Nolte-Schamm nicht dem Evangelium.

St.-Martini-Kirche ist das internationale Aushängeschild

Sie ist engagiert. Die ersten ­Monate und Jahre erweisen sich als positiv, wenn auch nicht stressfrei. Durch Gemeindekonferenzen gelingt ihr die schnelle Integration, doch die Sitzungen sind intensiv und gefolgt von Verantwortung und Repräsentation. „Ich war im Verteiler des deutschen Konsulates und habe sogar Frank-Walter Steinmeier getroffen.“ Die St.-Martini-Kirche ist das internationale Aushängeschild einer „deutschen Gemeinde“ von Christinnen und Christen in Südafrika.

Claudia Nolte Pfarrerin in Kapstadt Südafrika
Claudia Nolte Pfarrerin in Kapstadt Südafrikaprivat

Doch so viel Öffentlichkeit im Pfarramt als Mutter mit kleinen Kindern zu Hause kann eine persönliche Herausforderung sein. „All die Arbeit, weil ich diese Rolle innehatte, nicht weil ich Claudia war“, sagt sie.

Ihre Leidenschaft fand Claudia Nolte-Schamm schnell jenseits von Konferenzen und Tagungen im Konfirmandenunterricht. In Zusammenarbeit mit Petra Schindler, der Gemeinde­referentin der deutschen katholischen Gemeinde in Kapstadt, entstand nicht nur „Konfirm“, der ökumenische Mix aus Konfirmation und Kommunion, sondern auch eine großartige Begleitung. Die beiden Frauen teilen ein ähnliches Verständnis von Gemeinde. „Das hat uns gutgetan, und die Ökumene hat allen gut getan“, so Nolte-Schamm. Aus familiären Gründen ist sie dieses Jahr mit ihrer Familie ein paar Kilometer weiter südlich an die Plettenberg Bay gezogen. Sie ­genießt auch dort die christliche Gemeinschaft in Kirchen. In „Plett“, wie der Küstenabschnitt genannt wird, gibt es keine große deutsche Community wie in Kapstadt, aber es braucht ja nur zwei oder drei, die in seinem Namen zusammenkommen, egal aus welchem kulturellen Hintergrund sie stammen, damit der Glaube lebendig wird.