Christen beten bei Lübecker Kreuzweg für Frieden und Einigkeit

Der ökumenische Lübecker Kreuzweg setzt jährlich ein Zeichen des Miteinanders. Die Bischöfe Kerstin Fehrs und Stefan Heße erklärten, wie wichtig dieses Zeichen in Zeiten von Krieg und gesellschaftlicher Spaltung sei.

Beim Lübecker Kreuzweg haben katholische und evangelische Christen am Karfreitag für Frieden in der Welt gebetet. Unter dem Motto „Was eint“ zogen am Vormittag rund 600 Menschen mit einem Holzkreuz durch das Zentrum der Hansestadt, wie ein Sprecher des Erzbistums Hamburg der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte.

An fünf Stationen erinnerten sie an das Leiden und Sterben Jesu am Kreuz, das am Karfreitag im Mittelpunkt steht. Ansprachen hielten unter anderem der katholische Erzbischof Stefan Heße, die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs sowie die Landtagspräsidentin von Schleswig-Holstein, Kristina Herbst.

Fehrs erinnerte an die Leiden der Menschen aus der Ukraine, aus Israel und Gaza: „Mir gehen sie alle ans Herz, die in diesen Tagen und in diesem Moment gequält, gefoltert, verhöhnt, entwürdigt, gekidnappt, in Kellern gefangen gehalten, unschuldig ermordet werden.“ Die kommissarische Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) betonte, Mitgefühl müsse in diesen Zeiten für jeden gelten: „Und deshalb darf niemals das eine Leid gegen anderes Leid aufgewogen werden. Weder rechtfertigt der jahrzehntelange Nahostkonflikt die Gräueltaten der Hamas, noch kann der Kampf gegen den Terror die Tötung unschuldiger Zivilisten entschuldigen.“ Daher stehe die Gemeinde des Kreuzwegs dafür ein, das Leben zu schützen und einander mit Respekt zu begegnen, unabhängig von Religion, Herkunft oder Weltanschauung.

Der Hamburger Erzbischof Heße ging auf Radikalisierung und Spannungen in der Gesellschaft ein. Dabei lobte er den Einsatz der Menschen für Einigkeit auf den vielen Demonstrationen der letzten Wochen: „Ich lese darin eine große Sehnsucht nach Zusammenhalt, nach Miteinander. Nach dem Einenden, was uns verbindet.“ Diese Sehnsucht scheine ihm größer als alle Tendenzen der Spaltung. In einer Zeit, in der Gott in der Gesellschaft an Bedeutung verliere, brauche es aber auch Menschen, die das Kreuz zeigten und trügen. „Dieser Jesus, der Gekreuzigte, ist der, der eint. Weil sein Programm Liebe ist. Hass spaltet, Ausgrenzung entzweit. Aber die Liebe hat die Kraft zu vereinen“, so Heße.

Der Lübecker Kreuzweg war Ende des 15. Jahrhunderts angelegt worden. Deutschlands wohl ältester Kreuzweg geriet nach der Reformation in Vergessenheit. Seit 1994 wird er wieder jährlich gegangen, seit 2002 in ökumenischer Gemeinsamkeit. Der Kreuzweg ist wie die „Via dolorosa“ in Jerusalem 1.650 Meter lang und führt von der Jakobi-Kirche in der Altstadt zum sogenannten Jerusalemsberg außerhalb der Innenstadt.