Bundestag stimmt für Selbstbestimmung bei Geschlechtseintrag

Künftig können trans- und intergeschlechtliche Menschen ihren Geschlechtseintrag einfacher ändern. Die Zustimmung ist groß. Für Kritik sorgt der Umgang mit Minderjährigen.

Das Transsexuellengesetz (TSG) aus den 1980er Jahren gehört der Geschichte an. Der Bundestag hat am Freitag ein neues Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. Bei der namentlichen Abstimmung sprachen sich 374 Abgeordnete für den Entwurf aus, 251 dagegen, 11 enthielten sich. Vor und während der hitzigen Debatte rief Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau zur Sachlichkeit auf. Beleidigung und Diffamierung gehörten nicht in den Bundestag.

Künftig können trans- und intergeschlechtliche Menschen leichter Namen und Geschlechtseintrag ändern. Statt wie bisher zwei psychiatrische Gutachten sowie ein Gerichtsbeschluss sieht das Selbstbestimmungsgesetz nur noch eine einfache Erklärung bei einem Standesamt vor. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht mehr zustimmen.

Junge Menschen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können die Erklärung ohne Beratungspflicht laut Entwurf selbst abgeben, brauchen aber die Zustimmung der Sorgeberechtigten. Im Konfliktfall soll ein Familiengericht eingeschaltet werden. Bei Minderjährigen unter 14 Jahren können nur die Eltern oder andere gesetzliche Vertreter die Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen einreichen.

Insbesondere der Umgang mit Minderjährigen hatte für Diskussion gesorgt. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) verteidigte die Altersgrenze vorab. Mit 14 könne ein Jugendlicher auch über seine Religionszugehörigkeit entscheiden. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) betonte darüber hinaus, dass Vertragsfreiheit und Hausrecht gewahrt blieben.

Von den Grünen sowie der SPD gab es in der abschließenden Debatte viel Zustimmung. Unrecht werde abgeschafft, hieß es. Die Grünen-Abgeordnete und Transfrau Nyke Slawik sprach von einem wichtigen „ersten Schritt“. Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), verwies darauf, dass auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sowie Vertreter der evangelischen Kirche das Gesetz unterstützten.

Von der Union kam laute Kritik am Gesetz. Auch wenn Änderungen nötig seien, dann doch nicht wie im Gesetz vorgesehen. Es drohe mangels Beratung Missbrauch besonders bei Kindern. Ein Kritikpunkt, den auch die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht teilten.

Beratung Minderjähriger ist auch für den katholischen Familienbischof Heiner Koch wichtig. Zugleich hält er Erleichterungen für Menschen, die ihren Geschlechtseintrag ändern wollen, für sinnvoll. „Ich weiß von Betroffenen, dass sie sich durch die gegenwärtige Regelung durch das Transsexuellengesetz diskriminiert fühlen. Da glaube ich, dass der Staat eine Handlungspflicht hat“, sagte der Berliner Erzbischof, der in der Deutschen Bischofskonferenz die Familien-Kommission leitet, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vor der Abstimmung.

Die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, Ferda Ataman, sprach von einem „großen gesellschaftlichen Fortschritt“. Sie hoffe, dass der Kulturkampf nun ein Ende finde. Positive Resonanz gab es auch von Organisationen wie Amnesty International, dem Deutschen Menschenrechtsinstitut oder dem Lesben- und Schwulenverband.