Bundesbildungsministerin: Wissenschaftsfreiheit ist Schatz

Darf man Förderzusagen an Hochschullehrer überprüfen, wenn diese einen Brief gegen die Räumung eines propalästinensischen Protestlagers unterzeichnen? Nach heftiger Kritik sucht die Bildungsministerin andere Wege.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat sich für den Schutz der Wissenschaftsfreiheit stark gemacht. “Wir schützen die Wissenschaftsfreiheit in alle Richtungen”, sagte die Ministerin am Mittwoch im Bundestag. Zugleich bekräftigte sie, dass Fördergelder ihres Ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) nach Exzellenzkriterien vergeben würden und nicht nach politischer Weltanschauung.

Nach einer vom Bundesbildungsministerium initiierten Überprüfung von Förderzusagen an Hochschullehrer, die einen Brief gegen die polizeiliche Räumung eines propalästinensischen Protestlagers in Berlin unterzeichnet hatten, steht die Ministerin in der Kritik. Sie selbst bleibe bei ihrer Kritik an dem Offenen Brief und teile die Haltung der Unterzeichner nicht, sagte Stark-Watzinger im Bundestag. Er sei aber von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Verantwortlich für die Überprüfung war Staatssekretärin Sabine Döring, die infolgedessen vorige Woche in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden war. Stark-Watzinger hatte im Bundestagsausschuss erläutert, dass sie eine juristische Prüfung zu den Vorfällen beauftragt habe. Dieser Auftrag hätte von der Fachebene so verstanden werden können, dass sowohl eine rechtliche Prüfung als auch eine Prüfung möglicher förderrechtlicher Konsequenzen durchgeführt werden sollte. Döring habe daraufhin erklärt, dass die Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen nicht von ihr beabsichtigt gewesen sei.

Von der Überprüfung der Fördermittel hat sie nach eigener Aussage nichts gewusst und sie auch nicht gewollt. “Jeder, der weiß, wie Ministerien arbeiten, weiß auch, dass wir in der Hausleitung eine gewisse Arbeitsteilung haben”, sagte Stark-Watzinger der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Dienstag). “Wir haben jetzt Transparenz über die Abläufe im Ministerium hergestellt. Es war wichtig, erst aufzuklären und sich dann zu äußern”, fügte die Ministerin hinzu.

Im Interview erklärte die Ministerin darüber hinaus, dass es denkbar wäre, eine Antisemitismusklausel bei wissenschaftlichen Förderanträgen einzuführen. “Das ist eine Debatte, die man mit der Wissenschaft führen sollte, um den richtigen Weg zu finden”, sagte sie der Zeitung. Niemals dürfe Judenfeindlichkeit durch Steuergelder gefördert werden.

Wochenlang hatten israelkritische Proteste von Studenten an mehreren deutschen Universitäten für Diskussionen gesorgt. Anfang Mai war ein solches Protestcamp an der Freien Universität Berlin bei einem Polizeieinsatz geräumt worden. Rund 100 Berliner Lehrkräfte hatten sich mit den Demonstranten in einem “Statement von Lehrenden an Berliner Universitäten” solidarisiert.