Böckler-Stiftung: 2023 deutlich mehr Streiks in Deutschland

2023 ist in Deutschland laut Hans-Böckler-Stiftung deutlich mehr gestreikt worden als 2022. Was die Gründe dafür sind.

Der GDL-Streik hat so einigen Fahrgästen die Nerven geraubt
Der GDL-Streik hat so einigen Fahrgästen die Nerven geraubtImago / Revierfoto

Im vergangenen Jahr ist in Deutschland deutlich mehr gestreikt worden als noch 2022. Wegen Streiks fielen 2023 nach einer Schätzung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung rechnerisch mehr als 1,5 Millionen Arbeitstage aus, wie sie in Düsseldorf mitteilte. Das seien mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr mit 674.000 Ausfalltagen.

In Deutschland habe es 312 Arbeitskämpfe gegeben. Das sei ein „neues Rekordniveau“, heißt es in der Arbeitskampfbilanz 2023 des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Stiftung. Die Arbeitskämpfe hätten zu mehr als 10.000 Arbeitsniederlegungen in Betrieben und Einrichtungen
Insgesamt geführt, an denen sich 847.000 Menschen beteiligten. Das seien etwas weniger Teilnehmende als im Vorjahr (930.000).

Einer der Gründe für die Streiks: Die starke Inflation

Die hohe Konfliktintensität in den Tarifverhandlungen in Deutschland erklären die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der starken Inflation. Hinzu komme die Tatsache, dass die demografische Entwicklung in vielen Bereichen die Position von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stärke.

Die Auswirkungen mehrerer Arbeitskämpfe seien unmittelbar im Alltag vieler Menschen zu spüren gewesen, erklärte die Stiftung. So habe es etwa die Auseinandersetzungen im öffentlichen Dienst, im Nahverkehr, an den Flughäfen und bei Post und Bahn gegeben. Deshalb sei Deutschland 2023 und auch im ersten Halbjahr 2024 von Teilen der Öffentlichkeit als „Streikrepublik“ wahrgenommen worden. Die große Mehrheit der Arbeitskämpfe hätte sich allerdings auf einzelne Betriebe sowie Firmen beschränkt und häufig eher kleinere Auseinandersetzungen ausgemacht. Dabei sei das Ziel oft gewesen, Unternehmen zum Anschluss an bestehende Branchentarifverträge zu bewegen oder überhaupt eine Tarifbindung zu erreichen.

Die meisten Arbeitskämpfe gab es in Nordrhein-Westfalen

Die meisten Arbeitskämpfe gab es den Angaben zufolge in Nordrhein-Westfalen mit 37 Konflikten, gefolgt von Baden-Württemberg und Niedersachsen mit 28 und 26 Arbeitskämpfen. Ostdeutschland sei mit etwa einem Drittel aller lokalen Auseinandersetzungen gemessen an seiner Größe in Bezug auf die Konflikthäufigkeit überproportional vertreten. Die meisten Konflikte habe es hier mit 20 Arbeitskämpfen in Sachsen gegeben, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern mit 19 und Berlin mit 17. 57 Arbeitskämpfe (20 Prozent) erstreckten sich der Erhebung zufolge über mehrere Bundesländer.

Die Arbeitskampfbilanz ist laut WSI eine Schätzung auf Basis von Gewerkschaftsangaben und Medienberichten.