Als trans* Person in der Kirche: Teamer Sam hieß früher Jenny

Sam hat sich nie weiblich gefühlt. Seit ein paar Jahren lebt er offiziell als Mann und engagiert sich in seiner Kirchengemeinde im Ruhrgebiet. Was er sich als trans* Person von Kirche wünscht.

Sam bei seiner Konfirmation. Mit 38 Jahren fühlt er sich endlich angekommen im eigenen Körper
Sam bei seiner Konfirmation. Mit 38 Jahren fühlt er sich endlich angekommen im eigenen Körperprivat

Mit 38 Jahren lässt Sam sich konfirmieren. Allein das ist schon eher ungewöhnlich. Sam war aber außerdem früher eine Frau und hieß Jenny. Über seine sogenannte Transition spricht Sam, der sich neben seinem Job im Evangelischen Krankenhaus in der Kirchengemeinde vor Ort engagiert, ganz offen: „Wer Fragen dazu hat, kann gerne fragen“. Damit habe er gute Erfahrungen gemacht, erzählt der gebürtige Goslarer, der heute im Ruhrgebiet lebt und als Teamer Konfis betreut.

Schon in seiner Kindheit merkt Sam, damals Jenny, dass er irgendwie anders ist. Kleider tragen fand er schrecklich, mit Puppen spielen sowieso. Er hat lieber Bauklötze gestapelt. Viel gedacht habe er sich dabei damals nicht, blickt er heute zurück. Das fing erst später an, so im Jugendalter, erinnert er sich. „Damals hat eine Freundin zu mir gesagt: Eigentlich bist du doch keine Frau, oder?“ Das hat Sam zum Nachdenken gebracht.

Sam recherchiert zum Thema Transidentität

„Ich wusste auch ganz lange nicht, dass es transidentitäre Menschen gibt. Also, dass es ein Wort dafür gibt.“ Sam beginnt, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Liest Bücher, recherchiert im Internet. Schließlich schließt er sich einer Selbsthilfegruppe an. Er merkt: Es gibt viele Parallelen zu den Geschichten der anderen.

Es vergeht noch einige Zeit, bis Sam die nächsten Schritt geht. „In der Zeit bin ich fast verrückt geworden.“ Denn er wusste, dass etwas nicht stimmt, nur was, das war ihm immer noch nicht ganz klar. Später sucht er sich eine Therapeutin. „Die meinte schon beim ersten Treffen: Sie sind ein Mann.“ Sam vermutet, das lag an seiner Körperhaltung, seinen Bewegungen.

Vor der Berliner Siegessäule weht die Fahne der LGBTQ-Bewegung (Symbolbild)
Vor der Berliner Siegessäule weht die Fahne der LGBTQ-Bewegung (Symbolbild)Imago / Bernd König

Er startet eine sogenannte Begleittherapie. Diese ist Pflicht, wenn es etwa um eine Hormonbehandlung oder eine geschlechtsangleichende Operationen geht. Danach startet Sam mit der sogenannten Alltagserprobung. Eine Art Selbsttest, ob man wirklich im falschen Körper lebt. Für Sam kein großes Thema. Er ist sich sicher, keine Frau zu sein und keine Frau sein zu wollen.

Seit vier Jahren „auf Testosteron“

Im April 2020 startet Sam mit Testosteron. Das männliche Geschlechtshormon führt zu einer Vermännlichung, die bei Transidenten, ähnlich wie in der Pubertät, über mehrere Jahre verläuft. Dann kam die Namensänderung, im vergangenen Februar schließlich die erste OP.

Heute wirkt Sam selbstsicher. Das war nicht immer so. „Vor meinem Outing hatte ich die Hosen voll“, erinnert er sich. Doch Sam wurde positiv überrascht. „Alle haben super reagiert“. Seine Freunde hätten sich das ohnehin schon gedacht. Und auch die Arbeitskollegen waren offen, zeigten Interesse. Und: Der Glaube habe ihm geholfen auf dem Weg der Transition.

Kirche sollte eine Anlaufstelle für trans* Menschen sein

In der Kirchengemeinde ist seine Transidentität kein Thema. Schließlich haben ihn hier schon alle als Sam kennengelernt, als er vor drei Jahren in die Gemeinde kam. Und wenn mal darüber gesprochen wird, seien alle total überrascht: „Echt? Du warst mal eine Frau!?“ Außerdem sei die Gemeinde sehr offen gegenüber queeren Menschen. So finden dort regelmäßige Queer-Gottesdienste statt.

Obwohl Sam nach eigenen Worten nur gute Erfahrungen mit seinem Trans Sein gemacht hat: Er weiß, dass andere trans* Menschen mit Mobbing und Anfeindungen zu tun haben. Gerade von der Kirche, evangelisch wie katholisch, wünscht er sich noch mehr Unterstützung für diese Menschen. Kirche solle eine Anlaufstelle, ein „Safe Space“ sein.